Dichterin?

Sehr ruhig war es wieder hier in den letzten Wochen und Monaten, auch weil mit Sophies Pause nicht zu Frapalywo-Impulsen gebloggt werden konnte. Doch das ist natürlich nicht der Grund.

Hier nicht gewesen zu sein, bedeutet nicht, dass ich nicht geschrieben habe. Seit drei Ausgaben versuche ich mich in NUN, an anderen, nicht-lyrischen Texten und habe Spaß daran, in Texten von anderen nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen. Im Frühjahr habe ich bei der Tagung des Segeberger Kreis das Schreiben mit dem Smartphone erkundet. Vor allem aber durfte ich beim Kunstsommer Irsee von Mirko Bonné lernen. Ein bisschen eine Ehre und besonders ein großartiger Erlebensschatz.

Seither frage ich mich neu, wie, warum, wozu ich schreibe, Gedichte schreibe. Will ich Gedanken aufs Papier bringen? Will ich die Welt und die Menschen und / oder mich selbst ein kleines bisschen besser verstehen? Will ich gelesen werden, und wenn es von mir selbst ist? Will ich einfach nur schreiben oder will ich so lange an Texten arbeiten, bis sie – für mich und für den Moment – stimmen? Bin ich einfach eine Frau, die ab und zu gerne mal ein Gedicht schreibt, oder bin ich, was immer das heißt, eine Dichterin?

Ich habe mich bei der Kunstsommernacht in Irsee beteiligt, habe alle meine dort entstandenen Texte bei unseren Klassenlesungen vorgetragen. Nicht weil ich meine Meinung geändert habe und klassische Lyriklesungen nun für eine angemessene Form der Gedichtpräsentation halte, sondern weil ich den Eindruck hatte, es ist wichtig, dass ich zu mir und meinem Schaffen öffentlich stehe. (Und ich finde, für klassische Lyriklesungen haben wir es ganz gut gemacht; manchmal ist so eine Lesung ja auch passend.) Ich habe eine Dicherinnenrunde mitbegründet, als Ansporn für regelmäßiges Schreiben und für wertschätzenden, präzisen und kritischen Austausch über meine Texte und die der anderen. (Und hoffe, das läuft so gut weiter, wie wir begonnen haben, und etabliert sich fest.) Ich habe Texte überarbeitet und für die demnächst erscheinende Ausgabe der Literaturzeitschrift Konzepte eingereicht. (Und freue mich sehr, dass eins der Gedichte veröffentlicht wird.) Zu guter Letzt habe ich ein paar meiner neueren und überarbeiteten Gedichte zu einer kleinen Sammlung zusammengestellt und festgestellt, dass Auswahl und Sortierung nochmals neue interessante Fragen mit sich bringen.

Wie es mit meinem Dichten, Schreiben und Bloggen weiter gehen wird, weiß ich gerade nicht genau. Ich möchte mir einen Überblick verschaffen über das, was ich schon alles geschrieben habe, und überlegen, was genügend Potential hat, um weitergeschrieben und überarbeitet zu werden. Ich möchte herausfinden, welche Art der Lyrikpräsentation – schriftlich oder mündlich, eher traditionell oder experimentell – mir und meinen Texten entspricht und damit vielleicht auch ein wenig experimentieren. Aber ich möchte auch einen Weg finden, um wieder mehr ins regelmäßige Schreiben zu kommen. Einfach um überhaupt Material zu erzeugen, an und mit dem ich dann weiterarbeiten kann. Dafür werde ich einen persönlichen Frapalymo veranstalten. Ich habe in meinem Blogarchiv gegraben und festgestellt, dass ich im November 2014 bei Sophie gar nicht mitgedichtet habe. Also werde ich das diesen November, genau fünf Jahre später, einfach nachholen. Der riesige Schatz der Impulse von Sophie ist da, ihre Texte und die in den Kommentaren eingestellten der Mitdichter*innen von 2014 auch. Ich weiß nicht, ob und wie ich das Durchhaltevermögen aufbringen werde, wenn mich der Gemeinschaftsgeist des Frapalymo nicht trägt. Doch ich bin wild entschlossen, deshalb steht es jetzt schon hier. Bis dahin sind es noch 26 Tage. Die möchte ich nutzen, um ein bisschen Ordnung in das Vorhandene zu bringen. Und um zwei, drei alte Gedichte zu finden, an denen ich weiterarbeite.
Ob ich meine Frapalymo-Schnellschüsse hier öffentlich mache, muss ich noch sehen. Die weiterbearbeiteten Texte auf alle Fälle erst einmal nicht. So lange, bis ich weiß, wie ich damit umgehen möchte.

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