Sie fliegt auf der „Schwalbe“ über den Eriesee
und reitet sehr spät durch Nacht und Wind
Unterm aufgegangenen Mond spinnt sie Luftgespinnste
wird mit Ballen beworfen auf einem verschneiten Weg
Im Walde spürt sie kaum einen Hauch, wartet
sieht des Lebens Schauspiel auf buntbewegten Gassen
Sie steht auf hohem Balkone am Turm
reißt morgen ein, was andere heute gebaut
Sie kämmt mit goldenem Kamme ihr Haar, singt dabei ein Lied
Ihre heißen Tränen fließen, immer höher schwillt ihre Qual
Sie ist zur Winter-Wanderschaft verflucht
spürt Lust und Müdigkeit der Glieder
Vom spitzen Kopf fliegt ihr der Hut
Sie hat Schnupfen
schreibt Einkaufzettel
Das Zitat von Oscar Wild „she lives the poetry she cannot write“ war Impuls für diesen Text. Ich habe Zeilen aus „berühmten Gedichten“ dazu hergenommen, teilweise grammatikalisch angepasst und aneinander gefügt. Ein Cento also.
(Der Vollständigkeit halber, die Zeilen kommen der Reihe nach von Fontane (John Maynard), Goethe (Erlkönig), Claudius (Erlkönig), unbekannt (Es ist ein Schnee gefallen), Goethe (Wandrers Nachtlied), v. Eichendorff (Abschied), Droste-Hülshoff (Am Turme), Gryphius (Es ist alles eitel), Heine (Ich weiß nicht, was soll es bedeuten), Heine (Nachtgedanken), Nietzsche (vereinsamt), v. Hofmannsthal (Ballade des äußeren Lebens) und v. Hoddis (Weltende).
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