Gerechte Drinks
Kurz vorm Fährehafen in Meersburg gibt es eine Tanzbar namens Fährhaus. Leseanfänger vermuten, dass „dort alles ganz gerecht ist“. Wollen wirs hoffen.
Kurz vorm Fährehafen in Meersburg gibt es eine Tanzbar namens Fährhaus. Leseanfänger vermuten, dass „dort alles ganz gerecht ist“. Wollen wirs hoffen.
Astrid Lindgren hat es vorgemacht, ich habe es mit Grundschulkindern nachgemacht. Und da wir eine Menge Spaß dabei hatten, schlage ich es nun auch hier vor: Wörterfinden.
Wir machen es wie Pippi Langstrumpf in der Geschichte „Pippi findet einen Spunk“ aus dem Band „Pippi in Taka-Tuka-Land“. Zuerst finden wir ein Wort, das von den Professoren noch nicht gefunden wurde, obwohl es ein wunderschönes Wort ist. Dann müssen wir herausfinden, was es bedeutet. Kann man es kaufen und ist es teuer, schmeckt es süß oder kann es beißen, ist es eine Krankheit, ein Wesen von einem anderen Stern oder vielleicht ein Haushaltsgerät?
Mehrere Varianten zu Geschichten zu kommen fallen mir ein. Es kann, wie im Pippi-Original, eine Geschichte geschrieben werden, wie die Bedeutung des Wortes gefunden wird. Oder die Bedeutung des Wortes ist klar, es kommen noch ein paar besondere Eigenschaften hinzu und daraus ergibt sich eine Geschichte, in der das Wort eine Hauptrolle spielt.
Finden mehrere Menschen gemeinsam Wörter, kann jeder seine eigene Geschichte zum selben Wort schreiben, oder die gefundenen Wörter werden in einer gemeinsamen Geschichte aufeinander losgelassen und man kann gespannt sein, was dabei geschieht.
Ich mache einen Anfang und erfinde: Bodschkin. Vielleicht kann ich morgen einen Vorschlag machen, wo sich Bodschkins finden lassen.
… will ich ganz oft sagen oder schreiben. Dann fällt mir ein, dass es im Deutschen so falsch ist und ich suche krampfhaft nach der richtigen, der nicht aus dem Englischen übernommenen Formulierung. Oder ist es gar nicht falsch, nur Bastian Sicks empfindliches Ohr wird durch diese Formulierung beleidigt?
Um die Frage endlich einmal zu klären, suche ich in den Weiten des Internets nach „Sinn machen“ – Es wird kontrovers diskutiert: Die einen sagen, es macht einfach keinen Sinn „Sinn machen“ zu schreiben, weil der ja nicht gemacht werden kann, sondern einfach da ist oder eben nicht und höchstens vergrößert werden kann. Die anderen verweisen auf Quellen aus dem 19. Jahrhundert, in denen diese Wendung auftaucht. Und die taz titelt am 22.9.11: „Gastarbeit kann Sinn machen“ – wobei ich hier nicht verstehe, was genau damit gemeint ist.
Die bisherigen Antworten stellen mich nicht zufrieden und ich befrage Herrn Duden. Zuerst fällt auf: Gebe ich „Sinn machen“ ein, erhalte ich zwei verschiedene Treffer, eben „Sinn“ und „machen“. Wenn ich aber bei „Sinn“ ganz nach unten gehe, taucht „machen“ bei typische Verbindungen zwar klein, aber immerhin auf. Und noch weiter unten steht, die Formulierung sei umgangssprachlich und bedeute Sinn ergeben, verständlich/ sinnvoll sein.
Sinn ergeben hört sich für mein Ohr zu gestelzt an, das sage ich nie und schreibe ich kaum. Schreibe ich Sinn machen, komme ich mir trotz allem wie ein Sprachbanause vor. Vielleicht macht es am meisten Sinn, sinnvoll sein zu schreiben.
Eine schöne Spielerei habe ich mit der Wortweide gefunden. Liebhaber von Worten sind angesprochen, Wörter auf die Weide zu bringen, um sie zu schützen und zu bewahren. Andere Wortliebhaber können Patenschaften übernehmen. Sportlich wird das Ganze dadurch, dass es Ranglisten der Wörter wie der registrierten Nutzer gibt.
Schön sieht es aus, wenn die Wörter – nach verschiedenen Kriterien gefiltert – auf der Weide grasen und umherziehen, sinnlich, gemütlich. Und beim Betrachten der Tierchen fällt mir vielleicht das ein oder andere Wort ins Auge, das es verdient, in einem Text eine wichtige Rolle zu spielen.
Klare Vorgaben, Regeln und Zeitdruck ermöglichen Kreativität. Jeder kennt es: Will ich irgendwann einmal in meinem Leben einen Roman schreiben, beginne ich wahrscheinlich nie damit – außer ich erfahre, ich habe nur noch X Wochen zu leben? Muss aber in zwei Stunden das Papier mit meinen Vorschlägen zur Projektgestaltung abgegeben werden, das über eine eventuelle Bonuszahlung für dieses Jahr mitentscheidet, fließen die Worte nur so. Klare, wenn auch vielleicht unsinnige Regeln helfen dabei, die Ideen erst einmal unzensiert aufzuschreiben. Denn der innere Kritiker oder Zensor ist damit beschäftigt, die Einhaltung der Regeln zu überwachen, und kann deshalb nicht bei jeder Idee sein vernichtendes Urteil abgeben.
Eine Möglichkeit schnell viele Ideen oder Gedanken zu sammeln, ist es, ein ABCdarium zu schreiben: Zu jedem Buchstaben des Alphabets wird ein Wort oder Satz gesucht, der damit beginnt. Solche ABCdarien können Schreibideen liefern, Vorwissen oder Vorurteile bewusst machen, Lösungen für Probleme anbieten oder zu einem Listengedicht werden. Um den Zeitfaktor mit einzubauen, kann man sich den Wecker auf drei Minuten stellen oder mit jemand anderem um die Wette schreiben oder auch jedes Mal die Zeit stoppen, wie lange man braucht, um seine persönliche Bestzeit immer wieder zu übertreffen (nach spätestens 10 Minuten würde ich jedoch auf jeden Fall aufhören).
Kommen in drei Minuten zwanzig bis sechsundzwanzig Ideen zusammen und ist eine einzige dabei, die so gut ist, dass sie weiter verwendet werden kann, ist die Produktivität dieser Methode schon besser als sie normalerweise so ist. Und wenn alles nichts hilft, kann man immer noch ein Schimpfwörter-ABCdarium schreiben.
Lyrik wird aus Worten gemacht. Und was ist mit „Schtzngrmm“ (Ernst Jandl) oder gar „Fisches Nachtgesang“ (Christian Morgenstern)? Aus Buchstaben oder Zeichen. Und Visuelle Poesie? Nun gut. Meist werden Gedichte aus Worten gemacht, manchmal eher ungewöhnliche Wörter, solche, die nicht üblich im Sprachgebrauch sind. Häufig Wörter, die klingen oder die sich reimen. Wörter mit Rhythmus und Melodie. Im Idealfall passend zum Inhalt. Der Inhalt ist Gefühl. Oder mindestens fühliges Empfinden. Wahrnehmung auf allen Kanälen. Dazu soll die Melodie passen.
Es muss nicht schön sein, harmonisch. Aber schöner ist es.
Wie wird Lyrik gemacht? Eine Empfindung, eine Sensation. Irgendetwas wichtiges. Das ist der Ausgangspunkt, zu dem muss eine Melodie gefunden werden. Rhythmus, Takt, Tempo, Klang, Ton. Dissonant oder konsonant. Die Konsonanten machen den Ton. Damit ist schtzngrmm wieder dabei. Ottos Mops hopst. Die lyrische Melodie aus Buchstaben zu Basteln ist Arbeit – Dichte-Arbeit. Und Fisches Nachtgesang ist wieder nicht dabei.