Heute ist National Day on Writing

in den USA (siehe hier). Aber das hindert uns ja nicht daran, den heutigen Tag selbst zum Schreibtag zu erklären und dies in die Welt zu posaunen. Doch was soll ein nationaler oder internationaler Tag des Schreibens sein? Drei Ideen dazu von mir:

1. Am heutigen Schreibtag verkünden wir, dass Schreiben nicht nur die zentrale Schlüsselkompetenz im Berufsleben ist, sondern dass es auch ein Handwerk ist, das gelernt werden, eine Fertigkeit, die trainiert, verbessert, optimiert werden kann. Schreiben ist wie Laufen: Wer nach den ersten wackligen Schritten weiter übt und sich die Anleitung von Profis holt, läuft bald allen voraus.

2. Wenn Schreiben so zentral ist, wie man es überall lesen kann, dann fragen wir alle Verantwortlichen im Bildungsbereich, wie dies mehr gefördert und besser unterrichtet werden kann. Von Lehrern und Ausbilderinnen über Verwaltungsangestellte in allen Ebenen bis hin zu Bildungs-, Wissenschafts- und Wirtschaftsministern/-innen sind alle angesprochen: Was tun Sie heute für die Schreibnation Deutschland?

3. Was ist alle Politik ohne das Tun? Deshalb das wichtigste für den heutigen Schreibtag: Schreiben wir! Briefe, Tagebuch, Zeitungsartikel, Forenbeiträge, Gedichte, Sachtexte, Geschichten, Blogbeiträge, Listen, Dokumentationen, Kommentare, … Heute schreiben wir mit besonders viel Freude und Elan. Wenn der Text geschrieben ist, machen wir ihn Stück für Stück besser. Und danach raus aus der Schublade mit allen Texten.

Schreibnudels Blog rund ums Schreiben

Einen sehr schönen und inspirierenden Blog rund ums Schreiben gibt es von Gitte Härter alias Schreibnudel. Die Autorin, Schreibcoach und Trainerin schreibt flott und hat schon eine riesengroße Kiste mit Tipps, Ideen, Erfahrungen und Anregungen zum Schreiben gepackt. Zu viel, um alles zu lesen, aber dank übersichtlichem Layout und vielsagenden Kategorien zum Stöbern und Entdecken prima geeignet.
Die Kategorie, die ich heute entdeckt habe, heißt „Bloggen“ – mit neun Artikel ist sie überschaubar und trotzdem voller guter Tipps. Aber auch „Schreibfluss“ ist spannend und „Anfangen“ und …

Der neueste Beitrag ist etwas ganz anderes: eine Anregung, eine „47 Dinge, die ich nie tun werde„-Liste zu schreiben. Listen liebe ich und aufzuschreiben, was man ganz sicher nie tun wird, könnte viel Spaß machen. Und außerdem ist es für immer nicht erledigt und aus dem Sinn, wenn es auf der Liste steht. Deshalb schalte ich jetzt hier ab und schreibe meine Liste ganz für mich allein.

Die Schreibfitness-Mappe – ein Buchtipp

Nach „Wer schreiben kann, macht Karriere“ hat die Schreibcoach Ulrike Scheuermann mit der Schreibfitness-Mappe in diesem Jahr einen zweiten Ratgeber zum beruflichen Schreiben bei Linde veröffentlicht. Und auch wenn sie natürlich dieselbe geblieben ist und sich beide Bücher überschneiden, lohnt es sich, beides anzuschauen oder damit zu arbeiten.

Die Schreibfitness-Mappe ist eine Arbeitsmappe, die jeder beruflich Schreibende ganz nach den eigenen Zielen und Bedürfnissen individuell durcharbeiten kann. Jede Doppelseite stellt ein Thema kompakt und übersichtlich dar und ist mit anderen Themen verlinkt – wie die Rollenspielbücher früher a la „Wenn du das …, dann lese weiter auf Seite …“
Der erste Teil enthält zehn Checklisten, mit denen man sein eigenes Schreiben untersuchen kann. Im zweiten Teil folgen 15 Fallbeispiele mit typischen Problemen, die beim beruflichen Schreiben auftauchen können. Sie helfen einem, dem eigenen Schreiben mit seinen besonderen Fallstricken auf eine andere Weise auf die Spur zu kommen. Das für mich Wesentliche folgt in Teil drei: 35 Übungen, jeweils erklärt und mit Beispielen illustriert. Welche Übung die richtige ist, weiß man aus den ersten beiden Teilen.

Ich muss zugeben, ich war äußerst kritisch, ob Ulrike Scheuermann noch so viel Neues zum Schreiben zu sagen hat, dass sich ein Blick in die Fitness-Mappe lohnt. Doch durch das gänzlich andere Konzept, viele Erweiterungen und andere Blickwinkel ist die Schreibfitness-Mappe eine tolle Ergänzung zum Ratgeber.

Easy Writing in technischen Berufen

Auch Informatiker, Ingenieure, Techniker müssen schreiben: unzählige E-Mails jeden Tag, Dokumentationen und Projektberichte, Angebote und Change Requests, Protokolle, Gebrauchsanweisungen, Präsentationen und mehr. Zwischen einem und zwei Drittel der Arbeitszeit soll in diesen Berufsgruppen laut neueren Erhebungen zum Schreiben aufgewendet werden.
Viele haben sich das während ihrer Ausbildung anders vorgestellt, die wenigsten haben gelernt, wie sie leicht und verständlich schreiben können. Dabei ist das Schlagwort von der „Schlüsselkompetenz Schreiben“ mittlerweile in aller Mund.
Für all diejenigen, die in technischen Berufen besser schreiben wollen – oder denen es von Vorgesetzten nahegelegt wird, dass sie besser schreiben sollen –  gibt es seit einiger Zeit ein maßgeschneidertes Angebot:

„Easy Writing … für Leute, die technische Probleme lieber lösen als dokumentieren“

Hier geht es um dreierlei: 1.  den Schreibprozess so im Griff zu haben, dass Schreibprojekte genauso professionell geplant und durchgeführt werden können wie andere Projekte. 2. werden Methoden vorgestellt und ausprobiert, die bei den einzelnen Arbeitsschritten vom Schreibauftrag bis zum fertigen Text hilfreich sind, und 3. wird das Wissen weiter gegeben, was Texte leicht verständlich und gut zu lesen macht. Denn irgendwie ist es doch gemein, wenn sich alle nur über schlechte Texte beklagen, einem aber nie jemand zeigt, wie es besser geht.

Übrigens: Professionell schreiben im Beruf ist ein Gewinn für alle Beteiligten. Leser bleiben dran bis zum letzten Wort und verstehen den Text, Schreibende überzeugen mit klaren, verständlichen und fristgerecht abgegebenen Texten und Unternehmen verlieren keine Zeit und kein Geld mehr mit gar nicht oder schlecht geschriebenen Texten.

Die 50 Werkzeuge für gutes Schreiben – ein Buchtipp

Auch wenn es sich noch nicht überall herumgesprochen hat: Schreiben ist ein Handwerk, das man lernen und üben kann. Nicht jeder ist vielleicht Goethe oder Thomas Mann, aber wir alle können professioneller schreiben lernen – und sollten es auch in einer Welt, in der durch Computer und Internet Texte und Texten für alle immer wichtiger werden.

Für dieses Handwerk hat Roy Peter Clark einen Werkzeugkasten zusammengestellt. Das Buch stellt in vier großen Kapiteln 50 Werkzeuge vor. Beispiele aus verschiedensten Textarten – Romane, Sachtexte, Lyrik, Journalismus, … – illustrieren die Theorie und der Workshop am Ende jedes Werkzeugs lädt zum Ausprobieren ein.
Das Buch eignet sich für alle, die schreiben wollen oder müssen, egal was sie schreiben. Und für diejenigen, die bessere Texte produzieren wollen. Jede Woche des Jahres („Zwei Wochen schenke ich Ihnen als Urlaub“, S. 19) kann ein Werkzeug entdeckt werden. Dabei beginnt es mit einfachen Tipps zum Satzbau „Beginnen Sie … mit Subjekt und Prädikat!“, geht weiter über „Spezialeffekte“ und „Pläne“ und endet mit übergeordneten „Nützlichen Gewohnheiten“ bis hin zum Umgang mit Kritik. Ich nutze es als Nachschlagewerk, das mich immer wieder daran erinnert, was noch möglich ist.
Das Schöne an dem Buch: Es ist 1. undogmatisch („Seien Sie nicht überrascht, gute Texte dort zu finden, wo der Autor alle Ratschläge, die hier beschrieben werden, missachtet“, S. 15) und 2. beherrscht der Autor sein Handwerk und den Umgang mit seinen Werkzeugen selbst, leider keine Selbstverständlichkeit bei Büchern übers Schreiben.

„50 Werkzeuge für gutes Schreiben“ ist in der deutschen Übersetzung 2009 im Autorenhaus Verlag, Berlin erschienen (amerikanisches Original „Writing Tools“, 2006).

Schreiben von Mensch zu Mensch

„Für den Leser schreiben“ heißt der wichtigste Rat in fast allen Veröffentlichungen zum Thema Schreiben, auch „Adressatenorientierung“ genannt. Doch was bedeutet das genau und wie geht das?

Für mich gibt es hierbei zwei Schritte:

1. Ich bin ein Mensch, der etwas mitteilen will: Vielleicht durch unsere Erfahrungen beim Schreiben in der Schule, vielleicht durch schreckliche Behördenbriefe oder wodurch auch immer, leicht „vergessen“ wir beim Schreiben diesen grundsätzlichen Gedanken. Wenn ich einen Text schreibe, geht es darum, dass ich als Mensch einem anderen Menschen etwas mitteilen will, dass wir uns über den Text begegnen. Dafür braucht es keine bürokratischen Floskeln, kein Behördendeutsch und keine Schachtelsätze. Der erste Schritt besteht darin, dass ich mir überlege: Was will ich sagen? Was will ich erreichen, was ist mein Ziel mit meinem Text? Welche Hauptaussage soll mein Leser entnehmen und – bei beruflichen Texten fast immer – was möchte ich, dass mein Leser tut? Wenn ich diese Fragen kurz und klar beantworten kann, ist der erste Schritt getan. Die Richtung ist vorgegeben.

2. Mein Text richtet sich an einen Menschen: Nun geht es darum, den Menschen, dem ich diese Mitteilung machen möchte, vor meinen Augen zu sehen. Für wen schreibe ich? Was ist das für einer, was mag er, welche Sprache spricht er? In welcher Beziehung stehen wir zueinander und wie will ich ihm begegnen?
Oft gibt es bei beruflichen Texten einen ganz bestimmten Menschen, für den wir schreiben, z.B. für einen Kunden, dem wir ein Angebot machen, oder für unseren Vorgesetzten, den wir über den Projektverlauf informieren. Wenn Sie wissen, für welchen bestimmten Menschen Sie den aktuellen Text schreiben, hilft es, sich diese Person genau vorzustellen, bevor Sie zu schreiben beginnen. So wie Sie sich im Gespräch auf Ihren Gesprächspartner einstellen, sprechen Sie mit Ihrem Text genau zu dieser Person.
Gibt es keinen bestimmten Leser, basteln Sie sich einen Prototypen: Ist Ihr Leser männlich oder weiblich, wie alt ist er, welches Vorwissen hat er zum Thema, welchen Wortschatz benutzt er? Was interessiert ihn, was mag er und womit kann man ihn auf die Palme bringen? Vor allem: Lassen Sie einen Menschen lebendig werden, dem Sie etwas mitteilen wollen! Und dann schreiben Sie so, wie Sie mit diesem Menschen auch reden würden.

Schreiben von Mensch zu Mensch macht Texte menschlich. Solche Texte lese ich gerne.

Schreiben wie … – eine altbekannte Übung

Das Leben ist mal wieder im Kreis gegangen.
Eine Freundin hat den Textanalysator ausprobiert und herausgefunden, sie schreibe wie Thomas Bernhard. Der hat ja einen sehr ich nenne es mal eigenen Stil, so dass ich ziemlich verwundert war. Um mich in meiner Erinnerung zu bestätigen und ihr einen Eindruck davon zu geben, wie sie angeblich schreibt, habe ich direkt ins Buchregal gegriffen – nun gut, ein wenig stöbern und suchen musste ich – und die Erzählung „Gehen“ aufgeschlagen. Dieses Buch wurde mir vor vielen, vielen Jahren von einem Freund geschenkt und ich hatte es gelesen und seither nur noch beim Umziehen in der Hand gehalten.
Wirklich überrascht war ich, als ich 1. die Zeilen entdeckte, die mein Freund mir damals ins Buch geschrieben hatte (der Grund, warum das Buch immer noch im Regal steht?) und 2. als ich da las: „Wenn´s los geht, denkst du an die Schreibphase nach den ersten drei Seiten!?“
Hat er oder habe ich gar damals schon geschrieben? Wussten wir, dass der Stil des Gelesenen auf die eigene Schreibe abfärbt, dass eine beliebte Schreibübung genau darin besteht, zu lesen und in Ressonanz dazu zu schreiben? Hätte ich das Buch von Bernhard schon früher mal aufgeschlagen, hätte ich mir viel studieren sparen können. 😉
Los gehts: Drei Seiten Bernhard lesen oder was auch immer und dann zehn Minuten schreiben. Viel Spaß!