Schreibt!-Raum 13: Dichten
Das Machen schlechter Gedichte ist viel beglückender als das Lesen der allerschönsten, soll Hermann Hesse einmal gesagt oder geschrieben haben.
Halten wir uns daran!
Das Machen schlechter Gedichte ist viel beglückender als das Lesen der allerschönsten, soll Hermann Hesse einmal gesagt oder geschrieben haben.
Halten wir uns daran!
für ein Haikuluja habe ich versprochen. Hier sind sie:
Der Marktstand verpackt,
in Folie gewickelt
Milchflasche und Mensch
An der Olympia SG 3
sitzt und schreibt melancholische Poesie
ein schüchternes Mütterchen
Slamility
An der Olympia SG 3
saß und schrieb melancholische Poesie
ein schüchternes Mütterchen
Mit grünen Zetteln über die grüne Grenze/ sich einen Stempel holen und Steuer zurück/ Närrische Zukunft kaufen mit harter Währung
Ein erster Twitterlyrik-Versuch an der Kunstgrenze.
Twittergedichte – für mich als Fan ganz weniger Worte genau das Richtige. 140 Zeichen für einen Moment. Ich werde es probieren!
Die Besprechung von Hellmuth Opitz auf Fixpoetry hat mich erinnert: Demnächst ist das Jahr vorbei (ach so?) und mein Lyrikkalender, der mich durch das Jahr begleitet hat, geht zu Ende.
Jeden Tag ein Gedicht und zwar zum Anfassen und in Händen halten, diese Dosis Lyrik hat sich für mich bewährt. 2011 hat mich der Lyrikkalender von Wunderhorn inspiriert und neben einem Gedicht mit Informationen zum Autor und zum Gedicht versorgt. Dieses Jahr werde ich wohl den Deutschen Lyrikkalender (Alhambra Publishing) wählen, der mich durch das Konzept Umklappen statt Abreißen anspricht – all die 365 Zettel von diesem Jahr liegen nämlich gestapelt in der Schublade, zu schade zum Wegwerfen, als Zettelwirtschaft allerdings auch nicht wirklich zu etwas zu gebrauchen.
Nun entdecke ich, dass es von Alhambra auch einen Kalender für junge Leser gibt. Das macht die Auswahl nicht einfacher. Jeder Tag ein Gedicht wird bleiben, dabei gilt, jedes Jahr eine neue Chance – demnächst steht die Entscheidung an.
Ich bin immer noch und in verschiedenen Zusammenhängen mit Gedichtschreiben beschäftigt und habe mich dabei heute wieder an das Pantun erinnert. Ein Pantun ist ein Gedicht, bei dem jede Zeile in der nächsten Strophe wiederholt wird. Das ist zunächst einmal praktisch, denn um ein Pantun mit vier Strophen à vier Zeilen zu dichten, wie es üblich ist, muss man sich nur acht Zeilen ausdenken. Dadurch entsteht automatisch großer inhaltlicher Zusammenhalt zwischen den Strophen, die Aussage der einzelnen Zeilen wird durch die Wiederholung verstärkt.
Die Advents- und Weihnachtszeit zeichnet sich besonders dadurch aus, dass sich Dinge wiederholen, immer gleich ablaufen. Daher passt das Pantun gut in die Zeit. Schreiben Sie doch heute mal Ihr persönliches Adventspantun. Gehen Sie dabei so vor:
Schreiben Sie folgende Zahlen untereinander auf ein Blatt Papier: 1, 2, 3, 4 – 2, 5, 4, 6 – 5, 7, 6, 8 – 7, 1, 8, 3. Jede Zahl steht nun für eine Zeile, jeweils vier Zeilen bilden eine Strophe. Zeile 1 und 3 aus der ersten Strophe werden in der letzten Strophe wiederholt und sind sozusagen die wichtigsten Zeilen. Mit Zeile 3 endet das Gedicht.
Ein Pantun klingt besonders gut, wenn es durchgetaktet ist, sich also runterleiern lässt: Dichten Sie gleich lange Zeilen, bei denen sich betonte und unbetonte Silben abwechseln. Ob Sie mit oder ohne Betonung beginnen, legen Sie bei der ersten Zeile fest. Wenn das Pantun sich reimen soll, müssen sich die Zeilen kreuzweise reimen, also 1 mit 3, 2 mit 4 usw. Meiner Meinung nach muss es nicht gereimt sein und wie sich das in der Ursprungssprache des Pantun, dem Malaiischen verhält, weiß ich nicht. Machen Sie es so, wie Sie am meisten Spaß daran haben.
Wenn Sie die erste Strophe gedichtet haben, können Sie die Zeilen direkt an die Stelle übertragen, wo sie wiederholt werden. Dann können Sie Zeile für Zeile die Lücken füllen und darauf achten, dass es sich inhaltlich gut zusammenfügt. Manchmal lässt sich die Wirkung des Gedichts noch steigern durch eine kleine Veränderung bei der Wiederholung, z.B. ein einzelnes vertauschtes Wort oder Satzzeichen. Spielen Sie mit der Form und lassen Sie sich überraschen, welche Inhalte sich in Ihr Adventspantun drängen.
Wer mehr über das Pantun erfahren möchte oder Beispiele dafür sucht, wird auf der Pantun-Seite von Renate Golpon fündig.