Sophie Paulchen: Dichterin und Bloggerin

Im Kloster Irsee, wo ich letzte Woche weilte, durfte ich neben vielen anderen interessanten Menschen die Lyrikerin Sophie Paulchen kennen lernen. Es hat sich sehr gelohnt! Wer Sophie Paulchen noch nicht kennt und ihre tollen Gedichte erleben möchte, kann in ihrem Blog stöbern: Sophie Paulchen bloggt.

Hier kann man auch erfahren, was in Irsee unter den Lyrikern und Dichtern, aber auch bei den anderen Künstlern so los war. Danke, Sophie, dass Du die Energie aufgebracht hast, regelmäßig in Irsee zu bloggen. Außerdem hat Sophie den frapalymo erfunden, ein NaNoWriMo für Gedichte, der – Gedichte sind ja kürzer als ein Roman – zweimal im Jahr stattfindet. Ich werde schauen, dass ich im November dabei sein werde. Vielleicht schaffen wir es gemeinsam, den frapalymo bekannter zu machen und mehr Poesie in unsere Alltage zu bringen.

Gedicht am Dienstag: A & O

A ist der Anfang von diesem Gedicht
B ist ein Baby mit zartem Gesicht
C ist ein Clown, der im Zirkus spielt
D ein Dromedar, das zur Oase hin zielt
E ist ein Esel, so wie ich
F ist die Frau, sie betrachtet mich
G ist das Glück, das sie will fassen
H ist der Herr, den sie könnte hassen
I ist die Insel, nach der sie sich sehnt
J ist ein Jaguar, der seine Muskeln dehnt
K ist ein Kater, zum Schnurren geboren
L ist meine Lust, zum Lieben erkoren
M ist das Machen, das Tun statt dem Denken
N ist der Nachbar, dem ich Eier will schenken
O ist das Opfer, das Oder, der Ort
P ist Parole oder einfach ein Wort
Q ist der Qualm, der lästig aufsteigt
R ist der Reim, den ich habe vergeigt
S ist Sahne auf Erdbeerkuchen
T ein Traum von einem Eunuchen
U ist eine Ulme, vom Sturm geknickt
V ist der Vater, wenn er mal nickt
W ist ein Wagnis, verwirrt eingegangen
X ist der Xaver mit seinem Verlangen
Y ist ’ne Yacht, die im Bodensee liegt
Z ist das Zepter dessen, der siegt

nach Frantz Wittkamp, *1943, ohne Titel (A ist der Apfel, den ich esse …)

Dichterbekenntnisse

Weder Karl Schimper noch sein Gedicht Bekenntnis kannte ich bis vor ein paar Minuten – da habe ich es im Lyrikkalender gelesen. Hier bekennt er: „Poeterei, die schlichte, lieb‘ ich“*.

Ein schneller Blick in die Wikipedia klärt mich auf: Schimper war kein Schriftsteller oder Literat, er war Naturforscher und Privatgelehrter, der sich mit der Stellung der Blätter an Pflanzen, der Entstehung der Alpen und der Eiszeit beschäftigt hat und dessen Erkenntnisse offensichtlich anderen zugeschrieben wurden, so dass er dafür keinen Ruhm erhielt. Die einzigen beiden Bücher, die er veröffentlichte, waren Gedichtbände, seine wissenschaftlichen Erkenntnisse formulierte er unter anderem als Oden.

Man muss also kein Dichter sein, um das Dichten zu lieben, und Themen für Gedichte finden sich überall, bis zurück zur Eiszeit. So nehme ich mir sein Bekenntnis zum Ansporn und freue mich, wenn ich rückblickend irgendwann mit ihm sagen kann:

„Allein von allem mußt‘ ich dichten,
Und mancherlei Gedichte schrieb ich!“*

*zitiert nach: Shafiq Naz (Hg.): Der deutsche Lyrikkalender 2012. Jeder Tag ein Gedicht. alhambra Publishing, 5. Juli

Vielfalt des Schreibens: Liedtexte

Das Buch „Songtexte schreiben“ von Masen Abou Dakn (Autorenhaus Verlag Berlin, 2006) lief mir ganz zufällig über den Weg. Spontan griff ich zu, dachte, das erweitert das Spektrum des Schreibens in der Abschlusssitzung des Kurses Kreatives Schreiben. Nun merke ich: Es könnte mein eigenes Schreibspektrum erweitern. Denn:

  • Liedtexte müssen nicht allzu lang sein, Refrains, Wiederholungen und auch mal ohoho, mmh und lalalala helfen die Takte auszufüllen.
  • Liedtexte dürfen sich reimen. 🙂 – Bei Gedichten ist das oft ziemlich schwierig.
  • Liedtexte sind verständlich, erzählen vom Leben so, dass der Zuhörer sich damit identifizieren kann.
  • Liedtexte können auch mal schnulzig sein oder albern oder politisch …
  • Die Melodie gibt eine Struktur vor, etwas was zumindest mir beim Schreiben und Ideen haben oft hilft.

So ist meine Vorstellung, gelesen habe ich das Buch noch nicht. Die Lust, es auszuprobieren, ist jedoch so groß, dass ich direkt rumgesurft habe und noch viel mehr Anregungen entdeckt habe: Die Celler Schule, einen deutschen Textdichter-Verband und einen Blog dazu. Mit dem Schreiben von Liedtexten kann man sich also intensiv auseinandersetzen. Oder man tut es einfach und schreibt endlich die Texte zu den Zufallscovern, die man in einer kreativen Pause erstellt  hat. Dann fehlt nur noch ein Musiker, der das ganze vertont. Nur Singen kann ich nicht, zumindest nicht für die Öffentlichkeit.

Gebärden-Poesie

Poetry Slam in Gebärdensprache – wie immer zufällig und über Weiterklicken darauf gestoßen, weiß ich nicht genau, wie ich mir das vorstellen muss. Doch es verbinden sich zwei Dinge, die mich interessieren und die ich erst einmal nicht zusammen gebracht hätte: Das Schreiben von Menschen mit Behinderungen, hier Gehörlose, und der Poetry Slam. Die Gebärdensprache würde ich gerne beherrschen, seit ich als Kind in den dritten Fernsehprogrammen Nachrichten mit Gebärdendolmetscher entdeckt habe. Bsher ist es nicht dazu gekommen.

Mit Deaf Jam gibt es einen Film über Aneta Brodski, eine israelisch stämmige Teenagerin, die sich mit ASL-Slam mit sprechenden Poeten misst und später mit einer aus Palästina stammenden Hörenden zusammen arbeitet. Also Kunst über Sinnes- und politische Grenzen hinweg. Die Trailer hier machen neugierig. Die Aktion Mensch zeigt den Film im Rahmen eines inklusiven Filmfestivals unter dem Motto „überall dabei„, das bundesweit ab Herbst stattfindet. Das merke ich mir.

Lyrik hat für mich viel mit Klang zu tun, aber auch mit Bildern. Performance – neben dem Text das zweite wichtige Element auf Slambühnen – ist bei der Gebärdensprache automatisch dabei, oder? Je mehr ich darüber nachdenke, desto spannender wird die Kombination.