Frapalymo-Gedicht2: Femmes fatales

Totschläger am Fuß
der Fruchtbonbonfrauen
die steil stehn auf rechts

Mit kirschroter Fassade
entziehen sie sich dem Blick.

 

Frapalymo-Gedicht 2/2012, nicht zu dem Impuls von Sophie geschrieben, sondern zu einem Foto, das ich in der Ausstellung zu Modefotografie im C/O Berlin vorhin gesehen habe. Es ist ein Foto von Miles Aldrige und war im September 2002 in der Italian Vogue.

Frapalymo-Gedicht1: Schreibnacht

Geschrieben
die ganze Nacht geschrieben
über Geister, die ich rief
über Geister, die mich rufen
über Familie, Arbeit, mich

Geschrieben
habe ich heute Nacht
Notizen, Ideen, Listen
Sachtexte, Selbstdarstellungen, Gedichte
Akademisches, lyrisches, online-iges

Geschrieben
dies alles nachts im Traum
im Bett, in Gedanken, rein virtuell
ohne Stift, ohne Tastatur, ohne Spur
hätte ich besser tief geschlafen.

 

Frapalymo-Gedicht 1/2012, „findet diese nacht keine ruh“

Sonntags-Gedicht: Alltag in Konstanz

Jeden Morgen bei der Fahrt zur Arbeit
jeden Abend bei der Fahrt von der Arbeit
ein automatischer Blick
nach rechts bzw. links
vom Gipfel der Brücke über den See

– ein Glück, dass ich nicht mit dem Auto unterwegs bin –

Ob die Alpen zu sehen
wie die Alpen zu sehen
welche Farben oder nur Grau

Der eine Blick entscheidet
über den Tag
der andere Blick entscheidet
auch

 

Dieser Text ist angeregt von dem wahrlich goldenen Oktober in der letzten Woche und von Lucias Heimatgedanken.

Gedichte, Lyrik, Poesie

Was ist ein Gedicht? Ist es dasselbe wie Lyrik? Sind Gedichte poetisch?
Ich kann es nicht klar definieren, doch mache ich bei meinen eigenen Texten feine Unterschiede – nicht lachen, Ihr, die Ihr mich an der Stelle bereits kennt.

Im Rahmen von Kursen in Kreativen Schreiben sage ich, was ich von irgendjemand geklaut habe, ohne noch zu wissen von wem: Ein Gedicht ist ein Text, bei dem die Zeilen nicht vollgeschrieben worden sind. Das dient dazu, die Scheu vor dem Dichten zu nehmen, auch wenn ich weiß, so einfach funktioniert es nicht. Obwohl: Zeilenumbrüche sind schon ein sehr wichtiges Merkmal von Gedichten. Bei meinen eigenen Gedichten nehme ich mir für diese Frage sehr viel Zeit: Die Zeilenumbrüche sollten rhythmisch stimmen, mit einer Sprechpause einhergehen, dazu soll das Gedicht „schön“ und „richtig“ aussehen und manchmal kann man es sogar schaffen, durch geschickte Umbrüche Doppeldeutigkeiten entstehen zu lassen.

Trotz der Genauigkeit an der Stelle, ist „Gedicht“ für mich der profanere Ausdruck, die „höhere“ Form nenne ich „Lyrik“. Lyrik ist in der Regel ungereimt, immer ernst, vielleicht sogar tiefsinnig. Und poetisch, wobei ich Poesie am allerwenigsten greifen kann. Gedichte schreiben bekomme ich hin, im Zweifel veröffentliche ich sie unter „Spielerisches“, wenn mir selbst der Begriff Gedicht zu groß erscheint. Zur Lyrikerin würde ich gerne werden.

Aber vielleicht … Was ist ein Gedicht? Was ist Lyrik? Und ist es vielleicht doch ein und dasselbe? Meine Erkundungen gehen weiter.

Schreibtypen – mal anders gedacht

Es gibt verschiedene Schreibtypen, das ist mittlerweile Allgemeingut unter den SchreibdidaktikerInnen. Exzessive Planer und Drauflosschreiber sind die beiden Extremvarianten einer Einteilung in verschieden viele solcher Typen, Näheres habe ich hier schon einmal erläutert.

Nun fiel mir aber noch ein anderer Unterschied zwischen Schreibenden auf, der nicht das Vorgehen betrifft, sondern eher den Ausgangspunkt: All die Dichter und Lyrikerinnen, die ich letzte Woche in ihrem Schaffen und mit ihren Texten kennengelernt habe, scheinen sich in zwei Gruppen einteilen zu lassen: diejenigen, deren Schreiben irgendwie aus ihrem Leben kommt, und die anderen, die sich aus der Beschäftigung mit Literatur heraus dem Selberschreiben zuwenden. Mir fiel das deshalb auf, weil für mich die Werke großer Literaten eher einschüchternd wirken, so dass ich dann gar nicht mehr zu schreiben wage. Erst im zweiten Schritt, nachdem ich schon eine Reihe von Gedichten verfasst hatte, habe ich damit begonnen, mich auch mit der schon bestehenden Lyrik zu beschäftigen.

Andere machen es anders, sie sagen: Ich habe immer schon sehr viel gelesen. Die Sprache von X, die Gedichte von Y haben mich so fasziniert, dass ich selbst das Dichten probieren wollte. Spannend, dass es so auch funktionieren kann. Ich nämlich tue mir schon schwer zu schreiben, wenn ich als Anregung ein Gedicht vorgelegt bekomme, weil ich dieses Gedicht als Vorbild wahrnehme, dem ich sowieso nicht nacheifern kann. Doch offensichtlich gibt es LyrikerInnen, die auch durch das Lesen der Werke anderer zu ihrem eigenen Stil und Inhalt finden.

Um nicht missverstanden zu werden: Selbstverständlich finde ich es wichtig, die Tradition zu kennen, in der man dichtet, und seinen eigenen lyrischen Horizont durch das Lesen vieler unterschiedlicher DichterInnen zu erweitern. Ebenso wenig sage ich, meine Gedichte und die von anderen, die denselben Ausgangspunkt genommen haben wie ich, sind biografisch – zumindest nicht biografischer als alle Gedichte, denn Lyrik hat wohl immer was mit dem eigenen Erleben zu tun. Wahrscheinlich nähern sich die beiden Wege im Laufe der Zeit einander an. Doch für das Unterrichten scheint es mir hilfreich zu wissen, dass unterschiedliche Herangehensweisen zum eigenen Gedicht (vielleicht auch zu eigenen Geschichten?) führen.

Meisterschülerin. Ich!

Ich merke, ich mache es spannend. Für mich selbst am meisten. Seit ein paar Tagen verstecke ich das Schlagwort „Kunstsommer Irsee“ unter manchen Beiträgen, gestern schrieb ich, dass ich dort weilte. Jetzt werde ich deutlich, mir scheint, ich bin es jemandem schuldig:

Vom 4. bis 12. August war ich Meisterschülerin bei der Sommerakademie der schönen Künste in Kloster Irsee. Was genau es damit auf sich hat, lässt sich auf der Homepage oder im gestern verlinkten Blog von Sophie Paulchen nachlesen – aus zwei unterschiedlichen Perspektiven. Ich wurde aufgrund meiner Bewerbung mit zehn meiner Gedichte für die Klasse von Nora Gomringer zugelassen, die unter dem Motto „Alle Lyrik ist Mundwerk“ stand.

„Meisterschülerin, Lyrikerin, Werk, Dichterin, Künstlerin“ – alles Worte, die nur schwer aus meinem Mund kommen. Und doch war es das. Ich habe in dieser Woche unendlich viel gelernt. Übers Schreiben und Lesen, über Lyrik und Dichtung, über Sprechen, In-Szene-Setzen und Passieren-Lassen, über Worte und Raum. Ich habe von Nora gelernt (ganz herzlichen Dank für Dein riesiges Engagement und dass Du Dein Wissen und Erleben so bereitwillig mit uns geteilt hast), von den anderen neun LyrikerInnen und von den MeisterInnen und SchülerInnen der anderen Klassen. Nun weiß ich, dass in der Fotografie, der abstrakten Malerei oder anderen Künsten vieles ganz ähnlich ist wie beim Dichten.

Noch bin ich damit beschäftigt, alles Erlebte zu ordnen, nachwirken zu lassen, die unzähligen Impulse festzuhalten. Mir scheint, mir ist eine Poetisierung geschehen. Nun gilt es dran zu bleiben und aus einigen Gedanken, Ideen, Sprachbildern Gedichte zu bauen, die funktionieren. Daneben zeigt sich unscharf ein Weg, mein Weg. Ich hoffe, ich habe den Mut, ihn zu betreten, zu erkunden, weiter zu gehen. Gestern las ich wenig überzeugt Gedichte im Slam-Poeten-Treffen vor, heute kaufte ich mir spontan entschieden ein neues Kleid.