Frapalywo – geborgte Worte 7: Vielleicht

Wie eine Schnecke
am Boden bleiben
bescheiden leben
langsam gemächlich
nicht zu viel wollen
im Vertrauten bleiben
das Haus nicht verlassen
am Boden bleiben
nicht übermütig werden
den eigenen Radius beibehalten
sein Päckchen geduldig tragen
demütig am Boden bleiben
nicht fliegen nicht springen
kriechen
am Boden bleiben
vielleicht auch nicht

Der kursivgesetzte Schlussvers stammt von Hans Magnus Enzensberger aus dem Gedicht „Windgriff“ und war vorgegeben.

Frapalywo – geborgte Worte 6: Herzige Freiheit ohne Federn

Die Politik hat sich heute
ihr Traumvolk gewählt
alles fischherzige Leute

Als Klimawechsler hat sie taktiert
schwerefrei und nicht zu spät
vom eigenen Nichtwort profitiert

So hat sie heimwehgefiedert
sich mit Sehnsüchten vermählt
immer mehr eingegliedert

Erst ein großes Traumvolk gebaut
nach dem Befiedern gepfählt
Wehfischwortfrei – schaut

Die kursiven Wörter stammen aus Gedichten von Hilde Domin und wurde von Sophie zum Borgen ausgewählt.

Frapalywo-geborgte Worte 5: J. blue

I
Sie kamen
waren freundlich
sagt man
in unserem Dorf
brachten Kaugummi
und anderes
in unser Dorf
ihr Vater hieß
Johnny
sagt man im Dorf

II
Vom Himmel geschenkt
und wieder genommen
seine Hände und ihre
spüren nach Johnny
in ihrem Bauch

III
Eine verrauchte Kellerbar
samtagmorgens um drei
ein müder Barkeeper
ein Glas Whiskey ohne Eis
ein großer Junge
mit einer Mundharmonika in Moll
am Tresen eine Frau
im schwarzen Kleid
vielleicht blind
wartet


Diesmal ein geborgter Name als Impuls: „Johnny“ von Bertolt Brecht.

Frapalywo-geborgte Worte 1: heute nacht

heute nacht bin ich unten
beim ballast
geborgter
erinnerungen bleibe
ich liegen wir beide
du ich und unser
was war hätte sein
hätte werden können

heute nacht bin ich
unten
grabe ich zwischen
schichten dieser zeit
sortiere staune gebe
erinnerungen zurück

heute nacht bin
ich
bin ich bin


Dies ist mein Gedicht zum Impuls 1 der Frapalywo geborgte Worte. Die kursiv gesetzten Anfangsworte sind die erste Zeile des Gedichts „nachtdienst“ von tomas tranströmer.

Frapalywo: Wasser&Weite 6

Braun-gelbe Schals von Footballfans
Blau-weiß mehr am Himmel als um den Hals
Gitarren und bunte Glitzerjackets
stolen generation in der Popmusik
der träge braune Streifen des Yarrastroms
von Wasser umspültes Ufergrün
Palmen nicht nur neben Victoria
ein schwarzer Schwan zeigt nur seinen Po
violette Markierung des Fußgängerwegs
Weg zur Kunst durchs Parkhaus hindurch
Regenwasserwand als Eingangsportal
ein goldenes Mofa mit Milchkannen
Scherenschnitte, Kimonos und alte englische Meister
moderne Hochhäuser hinter Traditionsruderclubs
Falafelwraps und vietnamesische Rollen neben Drachenfood
unter der Brücke Cider, Bier und Burger

Wir tragen das Netz nach Hause, essen Nudeln

 

Alles, was fangfrisch ist, konnte am sechsten Tag der Frapalywo zum Dichten inspirieren.