Akademisches Schreiben – der Schreibcoach der Uni Bremen

Am Lehrstuhl für Angewandte Linguistik der Universität Bremen entstand unter Federführung von Prof. Dr. Hans Krings ein Online-Ratgeber, der Studierende – und sicherlich nicht nur diese – beim wissenschaftlichen Schreiben unterstützt. In sieben Phasen von A wie Vorbereiten bis G wie Gestalten gibt es Tipps zum gesamten Schreibprozess.

Beim schnellen Überfliegen – ich habe den Schreibcoach erst vor Kurzem entdeckt, er ist wohl auch noch nicht allzu lange online – hatte ich den Eindruck, dass hier wirklich zu allen Fragen Tipps und Hinweise zusammengestellt sind: zu Schreibmotivation und Schreibschwierigkeiten genauso wie zu richtigen Zitierweisen, Formatierungshinweisen und noch vieles mehr. Besonders gefreut habe ich mich, als ich den Tipp gefunden habe, kreatives Schreiben zu praktizieren – das allein reicht nicht, um gute Hausarbeiten abzugeben, aber eine Möglichkeit das eigene Schreiben zu verbessern und Spaß daran zu entwickeln ist es durchaus.

Auf 310 Einzelseiten ist noch viel mehr zu finden. Damit man sich gut zurecht findet und, wenn man mitten in einem Schreibprojekt steht, schnell die Seiten anklicken kann, die einem in der aktuellen Situation weiter helfen, gibt es unter dem Button „Neueinstieg“ Situationsbeschreibungen und Einstiegsvorschläge. Der Bremer Schreibcoach – offensichtlich eine gute und schnelle Hilfe für das wissenschaftliche Schreiben.

Mit oder ohne „ICH“ – studentisches Schreiben

Wer akademisches Schreiben unterrichtet, kommt an der Frage Ich oder Nicht-Ich nicht vorbei. Manche ermuntern leidenschaftlich dazu, zumindest im Rohentwurf viele Ichs zu verwenden, beispielsweise Judith Wolfsberger in ihrem Buch „Frei geschrieben.“ (Wien u.a., 2009). Andere schreiben zwar, dass es kein generelles Ich-Verbot (mehr) gibt, verweisen aber auf verschiedene Möglichkeiten, das Ich zu umgehen wie Otto Kruse im Klassiker „Keine Angst vor dem leeren Blatt“ (Frankfurt/Main, 2007).

Studentisches Schreiben funktioniert anders als wissenschaftliches Schreiben. Studierende schreiben in der Regel für ihren Dozenten, der sie benotet, nicht als Teil der wissenschaftlichen Diskursgemeinschaft. Sie sind jung und gerade dabei, wissenschaftliches Arbeiten und Denken zu erlernen, zu üben und erste Erfahrungen darin zu sammeln. Klare Regeln, wie „Schreibe nicht ich, weil es um die Argumentation geht und nicht um dich“, geben Orientierung.
Andererseits verlieren viele Studierende an den Hochschulen schnell die Freude am Schreiben, weil sie sich, ihre Lebenswelt und ihre Gedanken nicht darin wiederfinden. Dozierende klagen über Texte, bei denen Zitate aneinandergereiht sind ohne kritische Beurteilung, ohne eigenständige Denkleistung – von Angst vor der eigenen Meinung ist die Rede.

Mit oder ohne Ich löst das Problem nicht. Studierende sollen und dürfen sich eigenständig mit Sachverhalten auseinandersetzen. Zum Nachdenken über und Ausloten eines Themas, zum Fragen stellen und um Antworten ringen kann es hilfreich sein, viel zu schreiben und viel Ich zu schreiben. Im nächsten Schritt geht es darum zu lernen, wissenschaftliche Texte zu formulieren, die Konventionen einzuhalten, die fachwissenschaftliche Sprache zu benutzen und passende Formulierungen auszuwählen. Das kann weder von allein noch von heute auf morgen passieren.

Eine spannende Diskussion der Ich-Frage habe ich im Blog Shitty First Drafts gefunden, der mich – ganz sujektiv – allein schon wegen des Titels anspricht und durch seine klare Argumentation überzeugt.