Schreiben von Mensch zu Mensch

„Für den Leser schreiben“ heißt der wichtigste Rat in fast allen Veröffentlichungen zum Thema Schreiben, auch „Adressatenorientierung“ genannt. Doch was bedeutet das genau und wie geht das?

Für mich gibt es hierbei zwei Schritte:

1. Ich bin ein Mensch, der etwas mitteilen will: Vielleicht durch unsere Erfahrungen beim Schreiben in der Schule, vielleicht durch schreckliche Behördenbriefe oder wodurch auch immer, leicht „vergessen“ wir beim Schreiben diesen grundsätzlichen Gedanken. Wenn ich einen Text schreibe, geht es darum, dass ich als Mensch einem anderen Menschen etwas mitteilen will, dass wir uns über den Text begegnen. Dafür braucht es keine bürokratischen Floskeln, kein Behördendeutsch und keine Schachtelsätze. Der erste Schritt besteht darin, dass ich mir überlege: Was will ich sagen? Was will ich erreichen, was ist mein Ziel mit meinem Text? Welche Hauptaussage soll mein Leser entnehmen und – bei beruflichen Texten fast immer – was möchte ich, dass mein Leser tut? Wenn ich diese Fragen kurz und klar beantworten kann, ist der erste Schritt getan. Die Richtung ist vorgegeben.

2. Mein Text richtet sich an einen Menschen: Nun geht es darum, den Menschen, dem ich diese Mitteilung machen möchte, vor meinen Augen zu sehen. Für wen schreibe ich? Was ist das für einer, was mag er, welche Sprache spricht er? In welcher Beziehung stehen wir zueinander und wie will ich ihm begegnen?
Oft gibt es bei beruflichen Texten einen ganz bestimmten Menschen, für den wir schreiben, z.B. für einen Kunden, dem wir ein Angebot machen, oder für unseren Vorgesetzten, den wir über den Projektverlauf informieren. Wenn Sie wissen, für welchen bestimmten Menschen Sie den aktuellen Text schreiben, hilft es, sich diese Person genau vorzustellen, bevor Sie zu schreiben beginnen. So wie Sie sich im Gespräch auf Ihren Gesprächspartner einstellen, sprechen Sie mit Ihrem Text genau zu dieser Person.
Gibt es keinen bestimmten Leser, basteln Sie sich einen Prototypen: Ist Ihr Leser männlich oder weiblich, wie alt ist er, welches Vorwissen hat er zum Thema, welchen Wortschatz benutzt er? Was interessiert ihn, was mag er und womit kann man ihn auf die Palme bringen? Vor allem: Lassen Sie einen Menschen lebendig werden, dem Sie etwas mitteilen wollen! Und dann schreiben Sie so, wie Sie mit diesem Menschen auch reden würden.

Schreiben von Mensch zu Mensch macht Texte menschlich. Solche Texte lese ich gerne.