Schreiben auf Reisen und offline

Rechtzeitig vor Urlaubsbeginn hat mich Lucia noch einmal auf dieses Buch aufmerksam gemacht: Schreiben auf Reisen in der Reihe „Kreatives Schreiben“ von Hanns-Josef Ortheil. Ich habe noch nicht reingeschaut und kann deshalb gar nichts dazu sagen. Doch ich habe es bestellt und hoffe, es kommt noch rechtzeitig vor Abreise an. Damit es im Gepäck ist und mir eine tägliche Ermahnung, dass ich mich schreibend erholen möchte. Ziemlich sicher wird es mir darüberhinaus konkrete Ideen liefern, wie ich das machen kann.

Hier im Blog bin ich dann Anfang September wieder zu lesen. Ich bringe Euch ein paar Reisetexte mit.

Lesevergnügen digital – wer hätte das gedacht

Vor ein paar Wochen habe ich mir nach langem Hin und Her einen E-Book-Reader gegönnt, und zwar den. Es war nicht ganz einfach, denn ADE und Linux vertragen sich nur leidlich, und zwischendurch habe ich den Eindruck gewonnen, E-Books sollen nicht gelesen werden. Doch ich habe mich durchgebissen und bin jetzt sehr froh drum.

Die erste Feststellung: Es liest sich hervorragend auf dem Pocketbook. Meine Augen merken keinen Unterschied zwischen Papier und E-Inc und, falls sie mal schlechter werden, kann ich jederzeit die Schrift vergrößern. Abends im Bett lese ich mit eingeschaltetem Licht und niemand kann sich mehr beschweren, dass die Deckenlampe noch leuchtet – ich liege in meiner dunklen Höhle und nur mein Buch leuchtet für mich. Beim Zugfahren sind mir Tunnels egal. Dass das Ding Strom braucht, hat bisher zu keinerlei Einschränkungen geführt, ich habe das Gefühl, der Akku reicht ewig, und die Bedienung ist relativ einfach.

Die zweite Feststellung: Ich lese viel mehr und wähle ganz anders aus. Da ich sparsame Schwäbin bin, habe ich mich bisher vor allem auf Bücher aus der Onleihe gestürzt. Da sind leider nicht allzu viele verfügbar. Doch was sich zuerst wie eine Einschränkung anhört, hat mir einige Entdeckungen gebracht. Ich suche einfach alle Romane, die verfügbar sind, und leihe die aus, die sich irgendwie interessant anhören. Da ich das zu jeder Tages- und Nachtzeit machen kann und ich keine Bücher nach Hause und wieder zurück in die Stadtbücherei schleppen muss, leihe ich so weniger ausgewählt aus – bisher habe ich alles auch mit Interesse fertig gelesen. Während mich die langen und vollen Regale oft überfordern und ich für Einkäufe auf Verdacht zu geizig bin, komme ich so ganz einfach an Lesefutter.

Die dritte Feststellung: Lesen mit dem E-Book-Reader ist etwas anderes. Mein Gefühl: Es ist Text pur. Egal was ich lese, ich habe immer dasselbe Ding in der Hand (was zu neugierigen Fragen von Zuschauenden führt). Auch wenn das Cover mit abgespeichert ist, nehme ich es doch gar nicht richtig wahr. Ich werfe keinen Blick auf den Klappentext oder das Inhaltsverzeichnis, spüre nicht in den Händen, ob ich am Anfang, in der Mitte oder schon kurz vor dem Ende bin. Ich schalte ein und steige auf genau der Seite ein, bei der ich das letzte Mal ausgeschaltet habe. Das verändert die Textwahrnehmung, auch wenn ich noch nicht genau fassen kann, in welcher Weise. Möglicherweise schreibt es sich auch anders für einen Reader (so denn speziell für Reader oder Print geschrieben würde) – es könnte fast eine Gegenbewegung sein in Zeiten, in denen Layout und Illustration immer einfacher und damit auch notwendiger werden.

Jetzt werde ich erst einmal zweieinhalb Tausend Seiten Unterhaltungsliteratur mit in den Urlaub nehmen, ohne dass es im Gepäck auffällt. Ich bin gespannt, wie sich meine E-Book-Lese-Biografie weiterentwickelt.

Schreibsteine, in den Weg gelegt

Sophie hat es getan und ich merke, wie ich neidisch werde: 8 Tage in Irsee dichten, 8 Tage Inspiration unter Schreibenden, Malenden, Singenden, … 8 Tage dem Alltag entfliehen und in Kunstwelten eintauchen. Ich habe mich nicht beworben, weil mein Urlaub schon geplant war, weil … Ja, warum eigentlich nicht. Nun beschäftige ich mich hier mit Kinderschuhe- und Schulsachen-Kauf, Verwaltungstätigkeiten und Familienurlaubsvorbereitung. Die Poetisierung des Alltags ist weit entfernt. Ob ich mich im nächten Jahr wieder traue? Ob ich mir poetische Inseln inmitten des Anderen schaffe?

Im Bregenzerwald haben wir einer plötzlichen Eingebung folgend Schreibsteine aus der Ach gefischt. Meiner sieht so aus:

Schreibstein
Schreibstein

Das Blatt ist weiß geblieben, der Stein liegt unbeachtet auf dem Notizbuch. Der Stein, der zum Schreiben inspirieren sollte, hat sich dem Schreiben in den Weg gelegt. Beim Wiederentdecken reift der Entschluss: Stein und Notizbuch wandern mit in die Berge. Erholung beim Schreiben steht auf dem Programm. Damit der Neid kein neues Futter erhält.

Mittwochs-Gedicht: Piano

Unter der Brücke mit Großstadtflair
(Gleich neben dem Radweg, zwischen
Rheinstrand und Pizzadienst)
der Klavierspieler
und ein unbekannter Herr Violinist
Den unvorbereiteten Zuhörern drückt
das Gitter Quadratmuster auf (am Po)
Während der Himmel sich verdunkelt
Wunscherfüllung inklusive vor
während und nach Gewittersturm

 

(Schon wieder eine längere Schreibpause auf diesem Blog. Doch die Zeit unter der Brücke war zu poetisch, um sie nicht festzuhalten.)

Poetischer Alltag im Sommer

Endlich Sommer, der das Hirn lähmt. Zeit, in Rhein und See zu springen. Dazu nette Besuche, die in einem touristischem Heimatort mehr sind als anderswo. Trotzdem sehr gern gesehen.

Letztens las ich zwischen Büro und Brücke auf einem Laster den Satz: „Im Container geht der Alltag weiter.“ Nein, rufe ich, ohne Container ist Alltag genug. Und dann fällt mir die Postkarte aus dem Verlagshaus J. Frank ins Auge, auf der gülden geschrieben steht:

poetisiert euch.

Das tu ich. Am See. Wandert leider nicht in den Blog. Poetisiert Euch selbst.

Freitags-Gedicht: Bergwanderung

Über mir und dem Tal

kreisen friedlich und bunt

zwölf Gleitschirmflieger

Windstärke 8

Über mir und dem Tal

kreisen friedlich und bunt

drei Gleitschirmflieger

Dieses Bulldozer-Gedicht ist vor genau sechs Tagen in Zusammenarbeit mit anderen Schreiberinnen im Bregenzerwald entstanden.

Schreiben fürs Schaufenster – eine Antwort

Schon fast vier Wochen ist es her, dass Lucia ihren Beitrag mit dem Titel „Schreiben fürs Schaufenster“ veröffentlicht hat. Seither denke ich immer wieder darüber nach. Lucia endet mit der Frage: „Reicht mir das Schreiben hier auf dem Blog oder will ich mehr erreichen?“.

Das „mehr erreichen“ lässt mich aufmerken, weckt meinen Widerspruchsgeist. Es scheint, als ob Blogschreiben weniger toll, weniger wertvoll, Spielerei sei. Ob das für Lucia oder andere BloggerInnen gilt oder allein meine Wertung ist, bleibt dabei offen. Nach einigem Grübeln wird mir klar: Für mich geht es nicht um mehr oder weniger. Es geht auch nicht um die Frage, ob ich überhaupt schreiben will. Zentral ist dennoch: Was will ich mit meinem Schreiben erreichen? Wohin soll mich die Schreiberei führen?

Eine endgültige Antwort auf diese Frage habe ich noch nicht gefunden. Aber ich merke, es hat sich etwas geändert. Kreative Schreibwerkstätten, lustige Schreibspiele, Drauflosschreiben auf einen Impuls hin in der Gruppe, Vorleserunde und weiter zum nächsten Text – dies hat mir lange Zeit sehr viel Spaß gemacht. Mittlerweile reicht mir das nicht mehr, will ich anderes. Insofern geht es bei mir vielleicht wie bei Lucia auch um ein wie auch immer geartetes „mehr“.