KuSo17 – Anreisen

Unterwegs im Zug. Die bayrische Bimmelbahn zwischen See und München versetzt mich bei der Fahrt durchs Allgäu in alte Zeiten zurück: der Einstieg so hoch, dass nur gesunde Junge ohne Gepäck einigermaßen gut hineinkommen, nicht-klimatisierte Abteile, bei denen sich dafür die Fenster noch öffnen lassen, schmutzige Toiletten, die alle Geschäfte auf die Gleise fallen lassen. Ich nehme mir vor, rechtzeitig vor meinem Halt zur Tür zu gehen, um die Mechanik der Türöffnung zu verstehen. Bevor der Zug den Bahnhof schon wieder verlässt. Auch der Blick aus dem Fenster wirkt mit braunen Kühen auf saftigen Wiesen wie idyllische Vergangenheit, die so idyllisch nie war, allein die Solarzellen auf den Dächern und der ein oder andere Windgenerator zeigen das 21. Jahrhundert an. Und auch an ausländisch aussehende Männer kontrollierende Polizisten in Zügen kann ich mich von früher nicht erinnern. Doch vielleicht war ich in meiner Kindheit und Jugend auch nur nicht auf den richtigen, respektive gefährlichen, Strecken unterwegs.

Nach Irsee bin ich zeitig unterwegs, der spärlichen Busverbindungen wegen. Das lässt mich hoffen, dass ich mich gemütlich einrichten und auch noch ein Nickerchen machen kann. Ich bin müde von den letzten Wochen, der Rücken verspannt und vor sich hin leidend, leichte Kopfschmerzen als ständiger Begleiter. Meine Woche soll dies trotzdem werden oder vielleicht auch gerade deshalb. Beim Gang durch den Zug halte ich Ausschau nach möglichen Kunstsommerteilnehmerinnen, aber ich stoße nur auf Frauen in rosa Kleidchen auf Jungesellinnenabschiedstour. Das chinesische oder vietnamesische oder ist auch egal von woher stammende Kleinkind bei mir im Abteil schläft unter einer weißen, dezent gepunkteten Baumwolldecke. Die Mutter tut es ihm gleich, der Vater schaut dösend aus dem Fenster. Ich packe den Laptop aus und beginne zu schreiben. Gestern habe ich den Desktop aufgeräumt, um Raum und Übersicht zu haben, einen Ordner angelegt, wo ich ablegen kann, was immer entsteht, und nachgelesen, was ich zur Bewerbung eingereicht hatte. Heute bin ich unterwegs. Neugierig will ich sein, interessiert, aktiv gestaltend. Doch vor allem versuche ich die Anreise zu nutzen, um alle hohen Ansprüche an mich und die Welt hinter mir zu lassen, um mir zu erlauben, sein zu lassen, was sein wird.

Geschrieben – Bingo!

Rechtzeitig vor Beginn des Kunstsommers habe ich mal wieder bei Lucia reingeschaut und eine tolle Sache entdeckt. Da ich ihr kreatives Sommer-Bingo nicht so einfach übernehmen konnte – unterschiedliche Textverarbeitungsprogramme, die das Layout gehörig durcheinander würfeln – habe ich kurzerhand meine eigenes Schreib-Sommer-Bingo mit Schwerpunkt auf Dichten gebastelt. Ideen habe ich nun genug, jetzt kann es losgehen. Vielleicht will ja jemand mitspielen?

Mein Sommerbingo (pdf)

Kunstsommervorfieber

In weniger als vier Wochen werde ich sieben Tage ganz anders verbringen als im aktuellen Arbeitsalltag: dichtend, hörend, spielend, lesend, experimentierend, staunend, austauschend, genießend, gestaltend. Ich werde kreativ sein, neugierig, interessiert, verwundert, tatendurstig, unvernünftig, vielleicht auch mal befremdet und zwischendurch sicherlich auch immer wieder erschlagen und müde. Beim Kunstsommer in Irsee darf ich an der Lyrikklasse mit Uljana Wolf teilnehmen und eine Woche lang, so das Motto, Kunst leben. Besonders neugierig bin ich jetzt im Vorfeld auf die Druckgrafiker/innen und die Jazzer/innen – es ist ein lustiges Ankommensspiel, allein nach dem ersten Eindruck zu raten, welche Klasse jemand wohl mitmacht.

So langsam macht sich neben der Vorfreude und dem immer wieder aufblitzendem Staunen darüber, dass ich tatsächlich wieder einmal teilnehmen werde, auch ein wenig Aufregung breit. Wie ist diese Uljana Wolf und kann man mit ihr gut arbeiten? Was für Leute werden noch in der Klasse sein und ist da auch jemand Gleichgesinntes? (Klar, gleichgesinnt im Sinne von an Lyrik und Dichten interessiert, sind die alle. Aber es gibt ja solche und solche 😉 ). Wird mich die Muse küssen oder werde ich mir zumindest produktive Arbeitsbedingungen schaffen können?

Heute habe ich eine Email in meinem Postfach gefunden mit einer Materialliste. Das ist bei Lyrikerinnen nicht so schwierig: Stift und Papier; heutzutage in der Regel auch ein Laptop. Nun kann ich mir noch Gedanken machen, ob ich eines und dann welches der vielen Notizbücher verwenden will oder doch einfach einen Pack Blankopapier, wirklich wichtig ist das Material nicht. Doch es steht auch etwas Überraschendes auf der Liste: Ich freue mich darauf, mit Hilfe einer Flasche Tippex zu dichten.

Frapalywo2-7: in der Nacht

Nachts brennt das Feuer nicht mehr warm
Der Regen löscht zischend die letzte Glut
Es schläft auf dem Baum ein Vogelschwarm
Die Katze darunter faucht vor Wut

Der Regen löscht zischend die letzte Glut
Allein lausche ich dem Atem in mir
Die Katze darunter faucht vor Wut
Im Dunkeln bin ich ein verletzliches Tier

Allein lausche ich dem Atem in mir
Ich halte die Muschel von dir an mein Ohr
Im Dunkeln bin ich ein verletzliches Tier
Die Liebe im Laufe der Jahre gefror

Ich halte die Muschel von dir an mein Ohr
Ich höre statt Wellen das Piepen vom Tag
Die Liebe im Laufe der Jahre gefror
Ob es an mir oder dir auch lag

Ich höre statt Wellen das Piepen vom Tag
Es schläft auf dem Baum ein Vogelschwarm
Ob es an mir oder dir auch lag
Nachts brennt das Feuer nicht mehr warm

 

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Frapalywo2-6: am Lagerfeuer

303 – Die Gedanken sind frei

Unser Leben sei ein Fest
Ich habe Freude in meinem
Herzen. How many roads
Hawenu Shalom Alechem
Shalom Chaverim

Ins Wasser fällt ein Stein
und Alle Knospen springen auf
Jetzt ist die Zeit: Vergiss nicht
zu danken. Kommt, sagt es allen weiter
Laudato Si

Der Himmel geht über allen
Warum bauen wir nicht Brücken
Deine Liebe ist wie Gras und Ufer
Go, tell it on the mountains
Amazing Grace

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