Irgendwas mit Schreiben

Die Blogparade Und was machen Sie so beruflich? hat es mal wieder gezeigt: Sehr viele Menschen machen „irgendwas mit Schreiben“. Eine breite Palette von modernen Schreibberufen stellen Susanne Diehm und Michael Firnkes in ihrem Buch „Die Macht der Worte. Schreiben als Beruf“ (2013 bei mitp) vor, wobei sie alle Klassiker wie Journalismus oder SchriftstellerIn auslassen. Von „Texten für Onlineshops“ bis „Wissenschaftliche Schreibberatung und -training“, von „Buch-PR“ bis „Schreibtherapie“ werden in Interviews 20 Menschen und ihre Schreibtätigkeit vorgestellt. Jedes Interview wird nachbereitet, indem zu einem thematischen Aspekt daraus weitere Informationen gegeben werden, um die Einzelerfahrungen der InterviewpartnerInnen zu verallgemeinern. Denn eins wird deutlich: Es gibt nicht den einen Weg zu dem einen konkreten Schreibberuf. Jede interviewte Person ist ihren ganz eigenen Weg gegangen, bis sie dort landete, wo sie im Moment steht.

Manchmal frage ich mich beim Lesen, ob die Auswahl der InterviewpartnerInnen und damit der vorgestellten Berufsbildern nicht sehr zufällig nur damit begründet ist, wen die beiden AutorInnen kannten. Doch in der Summe entsteht ein buntes Bild von Möglichkeiten, das Schreiben zum Beruf zu machen. Ob man in jedem Fall davon leben kann, ist eine andere Frage, die nicht ausgeklammert wird. Deshalb enthält das Buch auch zahlreiche Hinweise, wie man nicht nur der Leidenschaft des Schreibens frönen, sondern auch ein Geschäftsmodell daraus entwickeln kann. Am Ende muss sich jeder Schreibwütige selbst durchschlagen, nicht aber ohne vorher einen Erkundungsgang durch die Welt der neuen Schreibberufe gemacht zu haben.

Knackig und kurz: Meine Berufsbezeichnung

Wibke Ladwig von Sinn und Verstand hat eine Blogparade gestartet: „Und was machen Sie so beruflich?“ Tja, mein Beruf hat durch eine Stellenausschreibung einen Namen bekommen. Ich bin, tätätätä: Referentin zur Förderung von Schreibkompetenz.
Aha. Und was macht man da so?
Nun, ich baue ein Schreibzentrum an der Uni Konstanz auf, natürlich nicht allein, sondern mit engeren und weiteren Kolleginnen und Kollegen. Konkret heißt das:

  • Ich bilde Studierende dazu aus, dass sie andere Studierende bei Schreibaufgaben wie z.B. Hausarbeiten beraten, begleite sie, organisiere ihre Arbeit, bringe die ganze Schreibberatung ins Laufen und entwickle sie weiter.
  • Ich überlege mir Kurse und Workshops zum Schreiben, organisiere ReferentInnen dafür und unterrichte selbst.
  • Ich rede mit allerlei Menschen in- und außerhalb der Uni, um Bedingungen zu schaffen, die es Studierenden ermöglichen, sich selbst in der Rolle von Schreibenden und auch die eigenen Texte weiterzuentwickeln.
  • Ich organisiere besondere Events und Veranstaltungen, damit über das Schreiben geredet wird und sich Schreibräume auftun.

Das alles mache ich mit der Grundüberzeugung, dass es im Berufsleben immer wichtiger ist, schreiben zu können, dass Schreibenkönnen aber keine Frage des Talents ist, sondern gelernt werden kann und darf, und dass Bildungsinsititutionen wie Universitäten die Aufgabe haben, Schreibkompetenz zu fördern. Darum bin ich gern Referentin zur Förderung von Schreibkompetenz. Nur ist der Name halt lang und sagt am Ende doch nichts aus. Deshalb nenne ich mich auch manchmal:

  • Schreibtrainerin – ist schön, weil es mit dem Schreibenkönnen ein wenig ähnlich ist wie mit Marathonlaufen. Aber nein, ich prügle niemandem die Rechtschreibung ein.
  • Schreibpädagogin – klingt nach Lehre und Didaktik. Schreibdidaktikerin nenne ich mich übrigens nie. Und für das korrekte Abmalen von Buchstaben fühle ich mich gar nicht zuständig.
  • Schreibberaterin – mit der Rolle der Beraterin kann ich mich gut identifizieren. Allerdings berate ich nicht mittels Schreiben, sondern beim Schreiben.

Alle weiteren Bezeichnungen für meinen Beruf sind Umschreibungen, die wieder mehr als ein Wort brauchen. Und dann kommt zu dem Ganzen noch dazu: mein selbständiges Tun außerhalb der Uni, das Kreative Schreiben, berufliches und biografisches Schreiben, die Verbindung aus Schreiben und Psychologie … Deshalb sage ich manchmal auch nur:

Ich bringe Menschen zum und ins Schreiben.

An ganz mutigen Tagen sage ich noch was anderes, etwas was ganz viel Traum und ganz wenig Beruf ist, doch den Satz „Ich bin …“ auf eine sehr stimmige Weise vollendet. Davon berichte ich vielleicht ein andermal.

 

Notizbücher – von winzig bis riesig

Mit schreibfreudigen Menschen ist es ja so eine Sache: Sie besitzen Unmengen von Notizbüchern in verschiedenen Formen, Farben, Mustern und für verschiedene Zwecke. Das richtige ist dann oft doch nicht dabei. Freundinnen von schreibfreudigen Menschen nutzen diese Leidenschaft, wenn sie auf der Suche nach einem Geschenk sind. Es ist ein dankbares Präsent, denn Notizbücher gibt es in unterschiedlichen Preisklassen, und vor allem: Es kommt immer gut an. Egal wie viele bisher ungenutzte Büchlein und Kladden ich noch in der Schublade habe; wickle ich ein weiteres aus Geschenkpapier aus, freue ich mich jedesmal.

Meine aktuellsten, als Geschenk bekommenen Notizbücher – von zwei verschiedenen Freundinnen aus unterschiedlichen Anlässen geschenkt – sind diese:

riesiges und winziges NotizbuchDas riesige (eine Seite ist fast A3 groß) ist wohl von Ikea, wo ich es allerdings noch nie gesehen habe, und bietet auf blanko-weißen Seiten Raum für viele Ideen, vielleicht sogar mal für ein Cluster, das nicht an der Papierbegrenzung scheitert. Das kleine sieht aus wie der Sommer, lässt mich fröhlich werden und hat Platz in jeder Tasche. Und siehe da: Ich habe endlich mal wieder etwas geschrieben.

Von lyrischem Fasten und Künstlertreffs

Schon einige Jahre kenne ich die Idee eines „Künstlertreffs“ oder eines „künstlerischen Stelldicheins“ von Julia Cameron. Um dauerhaft ein kreatives Leben leben zu können, schlägt sie zwei Grundtechniken vor: die „Morgenseiten“ und eben den „Künstlertreff“ (beispielsweise in ihrem Buch „Der Weg des Künstlers“, das ich in einer Ausgabe des Knaur Verlags von 2000 vorliegen habe). Dieser Künstlertreff ist eine Verabredung mit sich selbst, die dazu dient, den eigenen Brunnen wieder zu füllen. Wichtig dabei ist, allein etwas für sich zu unternehmen, das einen selbst nährt, ganz ohne Ablenkung durch andere Menschen, mit denen man gemeinsam unterwegs ist.

So einen Künstlertreff halte ich theoretisch, seit ich davon gelesen habe, für eine gute Idee, gemacht habe ich es bisher immer nur sporadisch. Doch seit gestern spüre ich, wie der Frapalymo (und all die anderen Dinge, die ich zur Zeit so mache) mich auslaugt, wie ich mich leer gefischt fühle. In mir rumort es: Ich brauche Futter. Es ist sicherlich normal, dass nach einer superproduktiven Phase, wie es der Frapalymo ist, eine weniger produktive kommt, in der erst einmal wenig oder gar nicht mehr geschrieben wird, in der Rückzug und Auftanken angesagt ist statt Weiterpowern. Doch für mich bestätigt sich gerade: Wenn ich wirklich schreiben will, reicht es nicht aus, Schreibzeiten zu reservieren. Ich muss auch regelmäßig auf Empfang schalten, aufnehmen und genießen.

Trotzdem bin ich wild entschlossen, den restlichen Frapalymo mitzudichten. Schon allein der tollen Impulse wegen, die Sophie sich Tag für Tag einfallen lässt. Bewundernswert: Wie machst Du das nur, Sophie. Ich warte schon die ganze Zeit darauf, dass sich irgendwas einmal wiederholt, aber jeder Impuls ist überraschend anders. Ich bin auch unheimlich stolz auf mich, dass ich diesen Monat nicht nur zwanzig Gedichte geschrieben, sondern diese auch noch alle – wie unfertig oder phantasielos sich manche von ihnen auch angefühlt haben – hier hochgeladen habe. Außerdem fühlt es sich gut an, einmal leergeschrieben zu sein. Mal Durchfall statt Verstopfung. Positiver ausgedrückt könnte man sagen: Der Frapalymo ist lyrisches Heilfasten. Damit es aber keine Jo-Jo-Effekte gibt, ist eine dauerhafte Umstellung zum Gesunden sinnvoll. Dies so deutlich zu spüren, ist eine wertvolle Erfahrung.

Gibt es hier nur Gedichte?

Heute ist der 13. November, damit der dreizehnte Frapalymo-Tag. Das bedeutet: Die letzten dreizehn Posts in diesem Blog sind spontan geschriebene und damit mehr oder weniger unfertige Gedichte. Sonst gibts auf den ersten beiden, bald drei Blogseiten nichts zu lesen. Eine E-Mail brachte mich auf die Idee darüber nachzudenken, ob ich das schlimm finde.

Dieser Blog ist eine bunte Sache: Teils gibt es eigene Texte von mir, teils Texte über das Schreiben, Schreibtipps und -anstöße, teils Entdeckungen und Gedanken, die nur am Rande mit dem Schreiben zu tun haben. Privates und Berufliches mischt sich und ich habe den Blog auch auf Seiten verlinkt, wo eher Menschen darauf stoßen, die sich für berufliches und/oder wissenschaftliches Schreiben interessieren als für Gedichtschreibversuche von mir. Wenn so jemand im November in den Blog klickt, kann er wahrscheinlich wenig mit all den Frapalymo-Gedichten anfangen. Im Zweifel vergraule ich potentielle LeserInnen, die sich für andere Inhalte durchaus interessieren könnten, diese zur Zeit hier aber nicht finden. Das wäre schade.

Andererseits habe ich nie einen Hehl daraus gemacht: Mein Schreib-Herz schlägt fürs Dichten. Doch auch wenn es so ist: Im Alltag zwischen all dem anderen es auch wirklich zu tun, ist nicht so einfach. Deshalb ist der Frapalymo für mich ein wunderbares Experiment. Nein, es ist nicht nötig, in einer bestimmten Stimmung zu sein, um dichten zu können. Gerade Lyrik braucht Raum? Quatsch! Es dauert auch nicht lange, einen ersten Gedichtentwurf zu schreiben – nehme ich mir nur eine halbe Stunde Zeit, ist vieles möglich. Und der Tag hat so viele halbe Stunden, dass die eine immer noch drin ist. Klar ist: All diese Gedichte sind Entwürfe, mit schneller Feder gestrickt, nur wenig oder gar nicht überarbeitet, kein bisschen abgehangen. Klar ist auch: Nicht immer habe ich eine tragende Idee zu einem Impuls, manchmal hangle ich mich an einzelnen Worten entlang, der entscheidende Gedanke stellt sich nicht ein. Trotzdem habe ich jetzt dreizehn Gedichte eingestellt und wenn am Ende des Monats zwei oder drei dabei sind, mit denen ich mich weiter beschäftigen will, in denen ich etwas finde, das sich für mich lohnt, habe ich viel gewonnen. Bis dahin ist der Frapalymo auch eine gute Übung im Loslassen und Sich-Zeigen.

Schreiben lernt man durch Schreiben, das ist eine Binse. Zur Dichterin wird man, indem man dichtet. Deshalb schreibe und dichte ich im November. Danach gibt es auch wieder anderes hier zu lesen. Wenn bis dahin das eine oder andere Gedicht zur einen oder anderen LeserIn in irgendeiner Weise spricht, dann freut mich das umso mehr.