Schreibt!-Raum 7: Mein Tag als wildes Tier

An manchen Adventstagen könnte man zum Tier werden: Wer wissen will, wie er dann aussieht, kann unter http://www.buildyourwildself.com/ den Zufall ein wildes Selbst kreieren lassen. Oder man wählt von A wie Arme bis Z wie Zunge allerlei tierische Komponenten aus, die einen gerade ansprechen, und baut daraus das maßgeschneiderte Wildtier. Meins sieht heute so aus:

Nun kommt der Schreibt!-Raum: Wenn man fertig kreiert hat, bekommt man Infos zu den einzelnen Bauteilen, z.B. dass die Kakerlakenfühler auch schmecken können. Diese Informationen sollten reichen, um sich ganz in das wilde Selbst einzufühlen. Dann ist es ein einfaches, sich den heutigen Tag vorzustellen, wie er verlaufen wäre, wenn man am Morgen so aus dem Bett gekrochen wäre. Ein Tagebucheintrag der besonderen Art entsteht.

Schreibt!-Raum 6: Wörter finden mit Pippi

Astrid Lindgren hat es vorgemacht, ich habe es mit Grundschulkindern nachgemacht. Und da wir eine Menge Spaß dabei hatten, schlage ich es nun auch hier vor: Wörterfinden.

Wir machen es wie Pippi Langstrumpf in der Geschichte „Pippi findet einen Spunk“ aus dem Band „Pippi in Taka-Tuka-Land“. Zuerst finden wir ein Wort, das von den Professoren noch nicht gefunden wurde, obwohl es ein wunderschönes Wort ist. Dann müssen wir herausfinden, was es bedeutet. Kann man es kaufen und ist es teuer, schmeckt es süß oder kann es beißen, ist es eine Krankheit, ein Wesen von einem anderen Stern oder vielleicht ein Haushaltsgerät?

Mehrere Varianten zu Geschichten zu kommen fallen mir ein. Es kann, wie im Pippi-Original, eine Geschichte geschrieben werden, wie die Bedeutung des Wortes gefunden wird. Oder die Bedeutung des Wortes ist klar, es kommen noch ein paar besondere Eigenschaften hinzu und daraus ergibt sich eine Geschichte, in der das Wort eine Hauptrolle spielt.
Finden mehrere Menschen gemeinsam Wörter, kann jeder seine eigene Geschichte zum selben Wort schreiben, oder die gefundenen Wörter werden in einer gemeinsamen Geschichte aufeinander losgelassen und man kann gespannt sein, was dabei geschieht.

Ich mache einen Anfang und erfinde: Bodschkin. Vielleicht kann ich morgen einen Vorschlag machen, wo sich Bodschkins finden lassen.

Schreibt!-Raum 5: Gedicht zum Gedicht

Die Gedichte in mir unbekannten Sprachen, sogar mit für mich unlesbaren Schriftzeichen, die bei lyrikline zu finden sind, sollen als Schreibanregung dienen, um eigene Gedichte oder Prosatexte zu schreiben. Ich mache es so:

Ich klicke auf die Startseite von lyrikline.org und wähle aus der Liste der neusten Stimmen eine aus, die mich spontan anspricht. Heute ist dies Branko Cvetkoski, der ganz oben steht und auf mazedonisch schreibt. Ich sehe kyrillische Schriftzeichen und wähle das zweite Gedicht aus: ГЛАСНИК – es sieht schön aus, finde ich, und ich habe keine Ahnung, wie es sich anhört oder was es bedeutet.

Nun kann ich mir mehrmals hintereinander das Gedicht anhören, ohne dass ich die deutsche Übersetzung anschaue. Ich schließe die Augen und lasse Bilder entstehen, Bilder, die über ein Cluster oder eine Kritzelzeichung oder einfach so zu einem Text werden.

Bei meinem ausgewählten Gedicht ГЛАСНИК sehe ich eine weite Steppenlandschaft vor mir, einen Mann mit einem Mantel, einsam, aber nicht verbittert, vielleicht reitet er … Der Text, der zu diesem Klang passt, ist kein Gedicht mit Strophen oder kurzen Versen. Es ist ein lyrischer Prosatext oder ein Gedicht, das durchläuft, wo Wort auf Wort folgt, nur einzelne Akzente werden durch Satzzeichen gesetzt.

Jeder andere hört wahrscheinlich ein ganz anderes Gedicht als ich. Spannend stelle ich mir vor, zusammen mit anderen zum gleichen fremden Gedicht zu schreiben und zu vergleichen, wohin es die einzelnen Personen getragen hat. Oder das Schreiben kann beendet werden, indem dann doch noch die deutsche Übersetzung gelesen wird.

Leiden Sie unter Hochnebel?

Dann entscheiden Sie sich doch für ein Leben im Land des Regenbogens. Christof schlägt dies heute in seinem Entscheidungshilfe-Blog vor, der jeden Tag die Möglichkeit bietet, „eine wenig pepp ins leben“ zu bringen.

Geschirr nach Farben sortieren hört sich für mich jedoch zu sehr nach Aufräumen an. Ich entscheide mich jetzt, Papier in den Farben des Regenbogens voll zu schreiben und meine Welt durch Geschichten und Gedichte bunter zu machen. Hochnebel dazu gibt es heute am See mehr als genug.

Schreibt!-Raum 4: Frederick-Listen

Nach dem sonnig-warmen Wochenende ist es wieder nass, kalt und dunkel hier am Bodensee. Nun ist die Zeit des Erntens und Einweckens vorbei, es geht darum sich winterfest einzumümmeln.
Hier kommt Frederick ins Spiel, der vermeintlich faule Feldmäuserich von Leo Lionni, der statt Nüssen und Körnern lieber Sonnenstrahlen, Farben und Wörter sammelt und damit auf seine Weise zum Überleben der Mäuse im Winter beiträgt. Um mit dem Sammeln zu beginnen, ist es schon zu spät im Jahr. Aber bestimmt hat sich ganz von allein ein großer Haufen Vorräte angesammelt. Es lohnt sich, diese zu sichten, zu ordnen und so einzulagern, dass sie bei Bedarf auch gefunden werden. Deshalb schlage ich vor, „Frederick-Listen“ zu schreiben:

Liste 1: Meine Sonnenstrahlen für den Winter
Welchen Menschen bin ich begegnet, welche Momente von Verbundenheit habe ich erlebt, die es mir warm und hell machen, wenn ich mich daran erinnere?

Liste 2: Meine Farben für den Winter
Welche Bilder, welche Muster und Farbkleckse habe ich mit meiner Kopf-Kamera aufgenommen, die mein Leben bunt und reich machen, wenn ich sie mir ansehe?

Liste 3: Meine Wörter für den Winter
Welche Geschichten habe ich erlebt oder gehört, welche Episoden und Anekdoten, die mein Leben spannend und interessant machen, wenn ich sie erzähle?

Damit der Ansporn nach ganz kleinen Erlebnissen Ausschau zu halten groß genug ist und damit die Vorräte für 3 lange Wintermonate reichen, darf jede Liste 30 Punkte enthalten – das sind gleichzeitig 90 Ideen für Texte, Gedichte und Geschichten, die an den langen Winterabenden geschrieben werden können. Und wenn Sie den einen oder anderen Vorrat mit anderen teilen, sagt irgendwer im Frühjahr zu Ihnen: „Frederick*, Du bist ja ein Dichter!“ – und Sie wissen, wie Sie darauf antworten müssen.

*eigenen Namen einsetzen

Sonntags-Gedicht: Flarf

Von christof habe ich diese Woche schon gelernt, was ein flarf ist. Oder eine flarf oder ganz ohne Artikel? Egal. Das heutige, wieder einmal verspätete Sonntags-Gedicht sind zwei Flarf-Versuche aus demselben Wörterpool, der google-Suche zu herbst und poesie:

Herbstpoesie 1

Düstere Stimmungen
durchfluten meine Seele
Nebelfrauen vergruben sie im Garten,
Kinder üben Gedankenstürme
und Spinnenfäden in allen Kategorien
Regenschauer im Zoopark Düsseldorf
Gemütlichkeitsfaktor: Gräber schweigen nicht

 

Herbstpoesie 2

Die Allgäuer Wirtschaft hat das
Wohl ihrer nettesten Schauspieler
ausverkauft nur 2 Farben lieferbar
schmuckvolle dekorative Elemente
in vielen Nuancen Schönheit intensiver

Geschüttelt statt gerührt

Gestern hat mich völlig unerwartet um 14:23 ein Magen-Darm-Infekt erwischt und einmal komplett durchgeschüttelt. Und weil ich heute immer noch nicht ganz geradeaus gehen kann, ist der richtige Tag für Schüttelreime.

Schüttelreime sind doppelte Reime, bei denen die Anfangskonsonanten der Reimwörter vertauscht sind. Diese wahrscheinlich korrekte Definition wird durch Beispiele klar: Denkspiel – Schenkdeal, Rüsselschwein – Schüssel rein oder Messer fein – Fresser mein
Damit das ganze ein Gedicht wird, werden zwei Zeilen dazu gemacht. Dabei darf der Schüttelreim ruhig nicht ganz sauber sein – wie bei den Beispielen oben. Das wichtigste bei diesen Gedichten ist, dass sie komisch, absurd oder überraschend sind – ich muss gerade an Heinz Ehrhardt denken, wenn ich das schreibe, von dem ich aber nichts geschütteltes kenne.

Damit ein Schüttelreim-Gedicht entsteht, gehe ich so vor:
1. suche ich mir zwei Wörter, die sich reimen: Sorgen – Morgen
2. brauche ich noch zwei Wörter, die sich reimen und mit den gleichen Buchstaben beginnen: sein – mein
3. müssen nur noch zwei Verse damit geschrieben werden:
Wie fürchterlich die Sorgen mein –
lasst es endlich morgen sein!

Nun gut, dieser Schüttelreim ist nicht sonderlich überraschend oder komisch. Doch das Prinzip ist klar. Und nun viel Spaß beim Schütteln.