Der Bodschkin – eine Computerplage

Heute Morgen dachte ich ja noch, ein Bodschkin sei ein Knödel, ein kasachisches Nationalgericht, das man süß (gefüllt mit Datteln und Aprikosen) oder herzhaft (mit Waldpilzfüllung) genießen kann. Natürlich hat jede Familie dafür ihr eigenes Rezept, das von der Großmutter auf die Enkelin weiter gegeben wird, und ebenso natürlich wird der Bodschkin zu Festtagen gerne serviert, besonders am dreitägigen Bodschkin-Fest, das jedes Jahr im November stattfindet (zum Vollmond).
Doch ich wurde eines besseren belehrt. Gerade vorhin, als ich den Computer anschalten und nach vielen Gedichten und Phantasiewörterspielen mal wieder einen seriösen Beitrag zum Schreiben entwerfen und hochladen wollte, kam mir der gemeine Bodschkin dazwischen: Er hat sich wie ein zermanschter Knödel im Computergehäuse an unbekannter Stelle niedergelassen. Beim Einschalten hörte ich ein fieses kurzes Piep, das ich nur so lange ignorierte, bis das System sich weigerte hochzufahren. Die Fehlermeldungen, die der Bodschkin auf den Bildschirm zauberte, waren zwar nicht in kyrillischer Schrift geschrieben, kamen mir aber dennoch chinesisch vor. Womöglich habe ich den Bodschkin selber herbeigeschrieben!?
Wie auch immer, nach einiger Zeit und wildem Rumprobieren war der Bodschkin verschwunden, zumindest plagt er mich im Moment nicht. Da ich aber weder weiß, wo er so plötzlich hergekommen ist, noch warum er jetzt keine Mucken mehr macht, bleibe ich vorsichtig. Falls der Bodschkin morgen nicht wieder auftaucht, folgt dann der seriöse Artikel. Oder ich  muss zur großen Bodschkin-Jagd blasen. Und danach finde ich nur noch Wörter, die Gutes und Schönes bedeuten.

Sonntags-Gedicht: Flarf

Von christof habe ich diese Woche schon gelernt, was ein flarf ist. Oder eine flarf oder ganz ohne Artikel? Egal. Das heutige, wieder einmal verspätete Sonntags-Gedicht sind zwei Flarf-Versuche aus demselben Wörterpool, der google-Suche zu herbst und poesie:

Herbstpoesie 1

Düstere Stimmungen
durchfluten meine Seele
Nebelfrauen vergruben sie im Garten,
Kinder üben Gedankenstürme
und Spinnenfäden in allen Kategorien
Regenschauer im Zoopark Düsseldorf
Gemütlichkeitsfaktor: Gräber schweigen nicht

 

Herbstpoesie 2

Die Allgäuer Wirtschaft hat das
Wohl ihrer nettesten Schauspieler
ausverkauft nur 2 Farben lieferbar
schmuckvolle dekorative Elemente
in vielen Nuancen Schönheit intensiver

Geschüttelt statt gerührt

Gestern hat mich völlig unerwartet um 14:23 ein Magen-Darm-Infekt erwischt und einmal komplett durchgeschüttelt. Und weil ich heute immer noch nicht ganz geradeaus gehen kann, ist der richtige Tag für Schüttelreime.

Schüttelreime sind doppelte Reime, bei denen die Anfangskonsonanten der Reimwörter vertauscht sind. Diese wahrscheinlich korrekte Definition wird durch Beispiele klar: Denkspiel – Schenkdeal, Rüsselschwein – Schüssel rein oder Messer fein – Fresser mein
Damit das ganze ein Gedicht wird, werden zwei Zeilen dazu gemacht. Dabei darf der Schüttelreim ruhig nicht ganz sauber sein – wie bei den Beispielen oben. Das wichtigste bei diesen Gedichten ist, dass sie komisch, absurd oder überraschend sind – ich muss gerade an Heinz Ehrhardt denken, wenn ich das schreibe, von dem ich aber nichts geschütteltes kenne.

Damit ein Schüttelreim-Gedicht entsteht, gehe ich so vor:
1. suche ich mir zwei Wörter, die sich reimen: Sorgen – Morgen
2. brauche ich noch zwei Wörter, die sich reimen und mit den gleichen Buchstaben beginnen: sein – mein
3. müssen nur noch zwei Verse damit geschrieben werden:
Wie fürchterlich die Sorgen mein –
lasst es endlich morgen sein!

Nun gut, dieser Schüttelreim ist nicht sonderlich überraschend oder komisch. Doch das Prinzip ist klar. Und nun viel Spaß beim Schütteln.

Schreiben ist …

Gerhild Tieger zitiert im Tieger-Blog des Autorenhaus-Verlags den Schriftsteller Gunter Kunert. Er sagt, Schreiben sei eine Form der Verdrängung. Das nehme ich zum Anlass für 23 ungeordnete „Schreiben ist …“ – Aussagen, die ich in meinem Kopf und dann auf dem Bildschirm vorfinde:

Schreiben ist …

  1. Leben, ein Ergänzungs- oder Ersatzleben für das echte
  2. Buchstaben auf Papier bringen
  3. Kommunikation ohne sich anzusehen
  4. eine Reise in die Vergangenheit
  5. eine Reise in die Zukunft
  6. eine Reise, wohin auch immer
  7. das Denken in Tun verwandeln
  8. neue Ideen kreieren
  9. ordnen, strukturieren, verstehen
  10. rumspinnen dürfen
  11. Worte für Gedanken und Gefühle finden
  12. Mühsal und Qual
  13. ein lohnendes Unterfangen
  14. Sprachbilder malen
  15. Veränderung
  16. das Schwere verstehen und dabei Leichtigkeit entstehen lassen
  17. mit Stift und Notizbuch im Regen stehen, weil es gerade so anregend ist
  18. Bewegung der Finger
  19. Spuren erzeugen, vertiefen, vielleicht hinterlassen
  20. die Geschichte finden
  21. mit Worten spielen
  22. träumen auf dem Papier
  23. Sein

Akrostichon zum Namen

Namensakrostichons mache ich gerne, um ein allererstes Kennenlernen in (Schreib-) Gruppen zu ermöglichen. Dazu schreibt jedeR seinen Vornamen oder auch vollen Namen auf eine Karte, die später als Namensschildchen verwendet werden kann. Nun kann entweder zu jedem Buchstaben des eigenen Namens oder zu einem zufällig erhaltenen anderen Namen ein Wort gefunden werden und schon entsteht ein einfaches Gedicht.

Ich bin normalerweise sehr flexibel mit der Form: Ob nur Hauptwörter oder alle Wortarten verwendet werden, ob zu jedem Buchstaben ein einzelnes Wort oder vielleicht ein ganzer Satz gesucht werden, ob die einzelnen Wörter zusammen einen Satz ergeben oder einfach assoziativ aneinander gereiht werden, all dies ist mir egal. Mir geht es allein darum, alle Namen in der Gruppe und von jedem Teilnehmer gleich zu Anfang etwas Selbstgeschriebenes zu hören und vor allem: ein assoziatives, unkontrolliertes Schreiben anzuregen.

Geht es um freies Assoziieren, kann man natürlich psychoanalytisch werden. Das mache ich in Gruppen nie. Denn erstens bin ich Freudschem Gedankengut nicht wirklich mächtig und zweitens will ich ja Schreiben anregen und keine ungewollte Psychotherapie veranstalten. Doch vor ein paar Tagen kam mir die Idee, die Akrostichons zu meinem Namen als tägliche Kurzschreibübung zu machen, und vielleicht erfahre ich damit im Rückblick irgendwann auch was über mich und mein Befinden zum jeweiligen Schreibzeitpunkt.

Konkret schreibe ich als seit fünf Tagen jeden Vormittag ein Akrostichon aus einzelnen Wörtern zu den Buchstaben meines Vornamens. Bisher habe ich noch neue Wortideen – ich bin gespannt, ob sich erst die Wörter wiederholen oder ob ich mein Projekt vorher wieder vergesse. Immerhin habe ich es mit nur 5 Buchstaben, noch davon recht gebräuchliche Anfangsbuchstaben, eher einfach.

Und nun bin ich mutig und hoffe, dennoch nicht analysiert zu werden: Das Akrostichon von heute heißt:
Hummel, Eisen, Internat, Kochen, Erbsen
Bis morgen.

Sonntags-Gedicht: Elfchen

Heute bin ich dem Bodensee-Nebel entflohen und habe die Sonne in den Bergen genossen. Angeblich ist Bewegung und Spazierengehen gut für die Kreativität, es soll den Schreibfluss anregen. Dumm, dass ich den wichtigsten Tipp, der sich in allen, ja wirklich in allen Schreibratgebern findet, dass ich diesen Tipp nicht beachtet habe. Er heißt: Habe immer und überall ein Notizbuch dabei.
Deshalb ist das Sonntags-Gedicht dieser Woche ein schnelles, kleines Elfchen:

Violett
Der Streifen
am Horizont gegenüber
Gipfel versinken im Dunst
Herbstich