Sonntags-Gedicht: Heikes November-Sonntag

Politische Sonntagsmatinee am Ewigkeitssonntag

Es war eigentlich der Albtraum beide Garnelen
gaben sich nicht kampflos geschlagen es handelt
sich schließlich um Neocaridina zhanghjiajiensis
in einem Ladengeschäft in Wilster hagelt es harte
Kritik feiern wir das Lachen mit Echo-Effekten ver
lost vier tolle Preise am Totensonntag stand sie
noch in der Fotoabteilung mit BluePeral und White
Peral genehmigen wir uns eine Pizza im Anschluss
und klopfen gegen Arbeitsfrust Photowalks Solo-
Show wie ich einmal versuchte reich zu werden
zwischen Frühstücksbrunch und Abendmahl am
Lesenachmittag Neuverfilmung 100 Jahre Hockey
Club Biotechnologin im Einzelhandel wenn Tiere
schlafen gehen ein deutsches Requiem Ruhetag

Sonntags-Gedicht: Flarf

Von christof habe ich diese Woche schon gelernt, was ein flarf ist. Oder eine flarf oder ganz ohne Artikel? Egal. Das heutige, wieder einmal verspätete Sonntags-Gedicht sind zwei Flarf-Versuche aus demselben Wörterpool, der google-Suche zu herbst und poesie:

Herbstpoesie 1

Düstere Stimmungen
durchfluten meine Seele
Nebelfrauen vergruben sie im Garten,
Kinder üben Gedankenstürme
und Spinnenfäden in allen Kategorien
Regenschauer im Zoopark Düsseldorf
Gemütlichkeitsfaktor: Gräber schweigen nicht

 

Herbstpoesie 2

Die Allgäuer Wirtschaft hat das
Wohl ihrer nettesten Schauspieler
ausverkauft nur 2 Farben lieferbar
schmuckvolle dekorative Elemente
in vielen Nuancen Schönheit intensiver

Geschüttelt statt gerührt

Gestern hat mich völlig unerwartet um 14:23 ein Magen-Darm-Infekt erwischt und einmal komplett durchgeschüttelt. Und weil ich heute immer noch nicht ganz geradeaus gehen kann, ist der richtige Tag für Schüttelreime.

Schüttelreime sind doppelte Reime, bei denen die Anfangskonsonanten der Reimwörter vertauscht sind. Diese wahrscheinlich korrekte Definition wird durch Beispiele klar: Denkspiel – Schenkdeal, Rüsselschwein – Schüssel rein oder Messer fein – Fresser mein
Damit das ganze ein Gedicht wird, werden zwei Zeilen dazu gemacht. Dabei darf der Schüttelreim ruhig nicht ganz sauber sein – wie bei den Beispielen oben. Das wichtigste bei diesen Gedichten ist, dass sie komisch, absurd oder überraschend sind – ich muss gerade an Heinz Ehrhardt denken, wenn ich das schreibe, von dem ich aber nichts geschütteltes kenne.

Damit ein Schüttelreim-Gedicht entsteht, gehe ich so vor:
1. suche ich mir zwei Wörter, die sich reimen: Sorgen – Morgen
2. brauche ich noch zwei Wörter, die sich reimen und mit den gleichen Buchstaben beginnen: sein – mein
3. müssen nur noch zwei Verse damit geschrieben werden:
Wie fürchterlich die Sorgen mein –
lasst es endlich morgen sein!

Nun gut, dieser Schüttelreim ist nicht sonderlich überraschend oder komisch. Doch das Prinzip ist klar. Und nun viel Spaß beim Schütteln.

Sonntags-Gedicht: Nachtlied

Hey, Mond, Du stehst
in unserm Eck
Willst nicht mal weiter ziehen?
Mein Freund und ich,
dann, wenn Du gehst,
woll’n uns in Ruhe lieben.

Dein Licht erhellt
die dunkle Nacht
macht jedes Geheimnis weg
Wir woll’n doch nur
dass es vollbracht,
genießen rein und pur.

Mensch, Mond, halt ein,
bist halt ’ne Frau
Du störst im Männerbund!
Sonst könnten wir ja auch mit 3n,
Du weißt schon, ja, genau.

Doch Du mit Deinem großen Rund
lässt uns jetzt wieder warten.
Zwei lange Wochen
machst Du Licht
Ach, schleich Dich in den Garten!

Statt am Sonntag am Montag und mit einer Woche Verspätung traue ich mich nun, mein am letzten Sonntag geschriebenes Nachtlied hier öffentlich zu machen. Es entstand im Rahmen eines Schreib-Treffens im Albertinum in Dresden und wurde vor dem Bild „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“ von C.D. Friedrich von mir verfasst.

Schreiben ist …

Gerhild Tieger zitiert im Tieger-Blog des Autorenhaus-Verlags den Schriftsteller Gunter Kunert. Er sagt, Schreiben sei eine Form der Verdrängung. Das nehme ich zum Anlass für 23 ungeordnete „Schreiben ist …“ – Aussagen, die ich in meinem Kopf und dann auf dem Bildschirm vorfinde:

Schreiben ist …

  1. Leben, ein Ergänzungs- oder Ersatzleben für das echte
  2. Buchstaben auf Papier bringen
  3. Kommunikation ohne sich anzusehen
  4. eine Reise in die Vergangenheit
  5. eine Reise in die Zukunft
  6. eine Reise, wohin auch immer
  7. das Denken in Tun verwandeln
  8. neue Ideen kreieren
  9. ordnen, strukturieren, verstehen
  10. rumspinnen dürfen
  11. Worte für Gedanken und Gefühle finden
  12. Mühsal und Qual
  13. ein lohnendes Unterfangen
  14. Sprachbilder malen
  15. Veränderung
  16. das Schwere verstehen und dabei Leichtigkeit entstehen lassen
  17. mit Stift und Notizbuch im Regen stehen, weil es gerade so anregend ist
  18. Bewegung der Finger
  19. Spuren erzeugen, vertiefen, vielleicht hinterlassen
  20. die Geschichte finden
  21. mit Worten spielen
  22. träumen auf dem Papier
  23. Sein

Akrostichon zum Namen

Namensakrostichons mache ich gerne, um ein allererstes Kennenlernen in (Schreib-) Gruppen zu ermöglichen. Dazu schreibt jedeR seinen Vornamen oder auch vollen Namen auf eine Karte, die später als Namensschildchen verwendet werden kann. Nun kann entweder zu jedem Buchstaben des eigenen Namens oder zu einem zufällig erhaltenen anderen Namen ein Wort gefunden werden und schon entsteht ein einfaches Gedicht.

Ich bin normalerweise sehr flexibel mit der Form: Ob nur Hauptwörter oder alle Wortarten verwendet werden, ob zu jedem Buchstaben ein einzelnes Wort oder vielleicht ein ganzer Satz gesucht werden, ob die einzelnen Wörter zusammen einen Satz ergeben oder einfach assoziativ aneinander gereiht werden, all dies ist mir egal. Mir geht es allein darum, alle Namen in der Gruppe und von jedem Teilnehmer gleich zu Anfang etwas Selbstgeschriebenes zu hören und vor allem: ein assoziatives, unkontrolliertes Schreiben anzuregen.

Geht es um freies Assoziieren, kann man natürlich psychoanalytisch werden. Das mache ich in Gruppen nie. Denn erstens bin ich Freudschem Gedankengut nicht wirklich mächtig und zweitens will ich ja Schreiben anregen und keine ungewollte Psychotherapie veranstalten. Doch vor ein paar Tagen kam mir die Idee, die Akrostichons zu meinem Namen als tägliche Kurzschreibübung zu machen, und vielleicht erfahre ich damit im Rückblick irgendwann auch was über mich und mein Befinden zum jeweiligen Schreibzeitpunkt.

Konkret schreibe ich als seit fünf Tagen jeden Vormittag ein Akrostichon aus einzelnen Wörtern zu den Buchstaben meines Vornamens. Bisher habe ich noch neue Wortideen – ich bin gespannt, ob sich erst die Wörter wiederholen oder ob ich mein Projekt vorher wieder vergesse. Immerhin habe ich es mit nur 5 Buchstaben, noch davon recht gebräuchliche Anfangsbuchstaben, eher einfach.

Und nun bin ich mutig und hoffe, dennoch nicht analysiert zu werden: Das Akrostichon von heute heißt:
Hummel, Eisen, Internat, Kochen, Erbsen
Bis morgen.

Ich heiße Heike

Heute startete mein Kurs Kreatives Schreiben für Studis der Uni Konstanz, auf den ich mich schon sehr gefreut habe. Gerade an der Uni lustvoll und persönlich schreiben zu dürfen, ist ein großer Gewinn.
Wir haben direkt losgeschrieben und eine Menge toller Texte entstanden in kurzer Zeit. Mir scheint, es gab und gibt eine Menge an Texten, die geschrieben werden wollen und für die es im sonstigen Studiumsalltag keinen Raum gibt. Natürlich kann man fragen, ob dem kreativen Schreiben ein Platz in einem wissenschaftlichen Studium eingeräumt werden soll. Aber mir fallen eine Menge Argumente ein, warum ja, die ich hier nicht einzeln aufzählen möchte. Zum Glück muss ich ja niemanden überzeugen, dass es diesen Kurs geben darf.
Damit wir uns in der Gruppe ein wenig kennenlernen, haben wir Texte zu unseren Namen geschrieben. Und haben über die Inhalte der Texte sowie über die Form und Sprache schon viel voneinander erfahren. Weil ich es so spannend fand, diese Texte zu hören – und weil ich wegen der großen Teilnehmerzahl darauf verzichtet habe, meinen Text vorzulesen, –  folgt der jetzt hier:

Heike heiße ich, Heike Meyer, und das schon mein ganzes Leben. Meyer ist nicht sonderlich einfallsreich, aber nur weil ich heirate, werde ich ja kein anderer Mensch.
Heike Meyer, ganz schön viel Ei. Ich habe mich daran gewöhnt. „ei-e, ei-e“ – Gleichklang, Geleier. Ob ich deshalb manchmal ein bisschen langsam bin?
Geschickt ist der Name im World Wide Web. Wer „Heike Meyer“ bei Google eingibt, bekommt ziemlich viele Treffer. Die wenigsten haben mit mir zu tun. Außerdem ist Heike praktisch – alle Heikes dieser Welt, oder zumindest Deutschlands, sind ungefähr gleich alt. Nur für Auslandsreisen ist mein Name nicht geeignet: Heike kann keiner aussprechen. Mein Schicksal ist wohl in Schwaben zu bleiben.