Sonntags-Gedicht: Kalendertage

Fünf am Morgen
Tag verborgen
Uhren ticken
Federn zwicken
Schritte trippeln
Stühle kippeln
Kinder wispern
Tütchen knistern
Säckchen offen
Eltern hoffen
Türen schlagen
Kinder plagen
Eltern stöhnen
Freunde höhnen
Nicht mehr schlafen
Quietscher strafen
Frühstück richten
Brote schichten

Nur noch dreizehn
Bitte beistehn

Sonntags-Gedicht: Barbaratag

Barbara, ach Barbara
sag mir mit Deinem Zweig
Wer wird mein Mann im nächsten Jahr?
Wenn‘s keiner wird, dann schweig

Barbara, ach Barbara
zeig mir mit Deinen Knospen
Ob mein Glück im nächsten Jahr
Kann irgendjemand toppen

Barbara, ach Barbara
versinkst Du auch in Schnee
Zum Weihnachtsfest sind Blüten da
Im nächsten Jahr wächst Klee

Barbara, ach Barbara
weiß blüht‘s an Deinem Stiele
Bringst Du kein Glück, ja Pech sogar
Dein Anblick doch gefiele

Sonntags-Gedicht: Erster Advent

Weihnachtsmarkt am See
Ich drücke die Ellbogen nach außen,
schiebe verbrannten Knoblauchgeruch
hinter das Jingel Bells der Telekomkapelle.
Wo sind meine Eltern, die Kinder, der Advent?
Weihnachtsmarkt am See
Ich drücke mich

Der Bodschkin – eine Computerplage

Heute Morgen dachte ich ja noch, ein Bodschkin sei ein Knödel, ein kasachisches Nationalgericht, das man süß (gefüllt mit Datteln und Aprikosen) oder herzhaft (mit Waldpilzfüllung) genießen kann. Natürlich hat jede Familie dafür ihr eigenes Rezept, das von der Großmutter auf die Enkelin weiter gegeben wird, und ebenso natürlich wird der Bodschkin zu Festtagen gerne serviert, besonders am dreitägigen Bodschkin-Fest, das jedes Jahr im November stattfindet (zum Vollmond).
Doch ich wurde eines besseren belehrt. Gerade vorhin, als ich den Computer anschalten und nach vielen Gedichten und Phantasiewörterspielen mal wieder einen seriösen Beitrag zum Schreiben entwerfen und hochladen wollte, kam mir der gemeine Bodschkin dazwischen: Er hat sich wie ein zermanschter Knödel im Computergehäuse an unbekannter Stelle niedergelassen. Beim Einschalten hörte ich ein fieses kurzes Piep, das ich nur so lange ignorierte, bis das System sich weigerte hochzufahren. Die Fehlermeldungen, die der Bodschkin auf den Bildschirm zauberte, waren zwar nicht in kyrillischer Schrift geschrieben, kamen mir aber dennoch chinesisch vor. Womöglich habe ich den Bodschkin selber herbeigeschrieben!?
Wie auch immer, nach einiger Zeit und wildem Rumprobieren war der Bodschkin verschwunden, zumindest plagt er mich im Moment nicht. Da ich aber weder weiß, wo er so plötzlich hergekommen ist, noch warum er jetzt keine Mucken mehr macht, bleibe ich vorsichtig. Falls der Bodschkin morgen nicht wieder auftaucht, folgt dann der seriöse Artikel. Oder ich  muss zur großen Bodschkin-Jagd blasen. Und danach finde ich nur noch Wörter, die Gutes und Schönes bedeuten.

Sonntags-Gedicht: Universitätsbetrachtungen

Das Sauerkraut in
der Nase wird von Kreide
weggekitzelt

Grüner Teppich
elektrisiert das Hirnen
der Mathematik

Styroporsee weiß
vor herbstbraunen Bäumen
Ein Betonmischer schreit

Staining solutions
riechen nach Kaffeeklatsch
E-Coli im Flur

Nebenbemerkung: Das sind die Betrachtungen der Universität in Haiku-Form gebracht und mit der Frage versehen, ob das der Anfang eines Imagegedichts der Uni ist.

Nebenbemerkung 2: Ich weiß, dass heute nicht Sonntag ist, aber wer weiß, ob mir Sonntag ein Gedicht einfällt.