Frapalymo2017-Ende

Im Radio läuft “Last Christmas“ und spätestens dann ist klar, November und damit auch dieser Frapalymo sind zu Ende. Sophie fasst in ihrem rückblick, ausblick, eine frage zusammen, wie groß(artig) der Frapalymo geworden ist. Die Gemeinschaft, die beim gleichzeitigen Schreiben zum selben Impuls, die Energie, die durch die vielfältigen geschaffenen und geteilten Texte entstehen, sind faszinierend. Kreatives Schreiben at its best und das allein im digitalen Raum. Continue reading „Frapalymo2017-Ende“

Kuso17 – Sammeln

Beim Mittagessen wandert Trinkgeld für das tüchtige Personal des Hauses in Sektkübel. Ich kann mich wieder unterhalten, werde bei Schnitzel mit Kartoffelsalat heimischer. Geschäftige Ruhe im Zimmer: Die Bettnachbarin bastelt ihre Illustrationen in Bilderrahmen und auf eine Pinnwand, ich sortiere die Papiere: meine Gedichte, Gedichte der anderen aus der Klasse, Gedichte und Texte, die Uljana uns kopiert hat. In andere Welten schweben bei der Generalprobe der Tänzerinnen. Körperbilder schmecken. Ich vierteile bunte Papierbögen, notiere Versatzstücke meiner Texte. Zwölf verschiedene Wortgebilde aus dreizehn Gedichten. Dazu noch ein Prosatext, automatisches Schreiben, ein Tanka, ein Haiku am Rand und Blogberichte. Eine wahrhaft produktive Woche. Mit diesen Essenzen in der Tasche und frisch geduscht kann die Kunstsommernacht kommen. Leider reinigt die Kaffeemaschine statt Espresso zu kochen. Dann fällt der Vorhang, Liz Ingrams Installation verwandelt sich in eine riesige Blüte. Im Treppenhaus noch kurze Aufregung wegen Nicht-Getragener Pinnwand, dann strömen die Besucher herein. Über tausend sollen es gewesen sein, so viel kommt es mir nicht vor. Die obligatorischen Dankesreden – Sponsoren, Meister, best girl. Ins Chorkonzert hineinhören, bei der Erinnerungswand ein wenig Prosalesung erlauschen, dafür sorgen, dass die Gutscheine in Essen verwandelt werden, Besuchersätze übersetzen und verzückten Dank hören, Menschen zum Erinnern verführen. Über das Staunen über die Atmosphäre im Erinnerungsraum verpasse ich die Vernissage der Zeichnerinnen, die ich gerne besucht hätte. Ihre Arbeiten hängen passenderweise direkt im Flur vor meinem Zimmer, so dass sie mich durch die letzten Stunden des Kunstsommers begleiten. Ich höre die Vernissage der Illustratorinnen, wandere durch die Ausstellung der Druckgrafikerinnen. Der Kunstsommer ist reich, zu reich manchmal, die Arbeit und Arbeiten der Menschen sind so vielfältig, dass nichts so richtig bleibt. Beim Crossover von Tanz, Chor und Jazz kommt manches zusammen. Danach das obligatorische Abendlied im Treppenhaus zum Abschluss. Ade mit Kitschverdacht, nach dem Vielen nur schön. Noch Stunden später erwische ich mich immer wieder beim Summen des Lieds. Wir sitzen noch im Innenhof, trinken Wein, danken. Lottis werden gereicht, Frotzeleien zwischen den Tischen ausgetauscht. Im Stiftskeller sitzt noch der Rest. Ich bin satt, überdreht, trunken. Viel zu spät gehe ich ins Bett, lasse die Nacht im Zimmer noch nachklingen.

Der Sonntag dann ganz prosaisch. Völlig übermüdet und fertig. Einfach alles in die Taschen schmeißen. Doch noch das eine oder andere kurze Gespräch. Die Erinnerungswand sorgfältig abnehmen, noch einige Sätze lesen, bevor die Karten vermutlich weggeworfen werden. Durcheinander mit Mitfahrgelegenheiten, ein verspäteter Zug. Zu Hause ankommen, müde, aber reich beschenkt. Ich schlafe ein bisschen, bevor ich auspacke. Die Taschen sind schnell geleert, das Erlebte und Erschaffte wird sich in Ruhe sortieren. Spaghetti mit Pesto zu Gespannt was bleiben wird. Müde, daheim.

Kuso17 – Ausfransen

Wieder kein morgenimpuls wir besprechen die muhmen die irgendwie schon vergangen und nicht wirklich neu aufgetaucht sind in meinem kopf eine übersetzung von bienen in brei und heimeligkeit mehr wunsch der meister am mittag will nicht bedeuten und doch alles fake das knittern des erinnerns das ausradieren des geschriebenen doch keine zeichnung in den vertiefungen und höhen des blatts wir lesen klassenübersetzungen viele immer wieder auch räumlich ich sehe eine installation keine zeit da sind noch so viele und eine geht früher verabschiedet sich und doch nicht organisiert den nächsten abend klärt gutscheine und zeiten doch statt rückzug und auffüllen des leerseins mit bier. Verschlafen nur ein ganz schneller kaffee, ein croissant mit butter und los gehts mit erinnern schon wieder erinnern diesmal nur wenig zurück für das gästebuch dann wieder das alte auf längliche karten wir diskutieren und reden machen pläne und klären ich verschwinde im park für die lesung noch letzte übersetzungen aus russisch und rumänisch und dann: Mittagessen.

Kuso17 – Versinken

Ein ruhiger Tag heute, auch wenn in so mancher Klasse der Kunstsommernachtsstress auftaucht. Da wir gestern schon Pläne geschmiedet und heute beschlossen haben, uns nicht zu sehr zu verkopfen, denn weniger ist mehr, können wir uns aufs Arbeiten konzentrieren. Ich lasse den Morgenimpuls weg, zumal ich auch nicht weiß, was kommt, und lasse ein paar sphärische Klänge durchs Fenster wehen, während ich vor dem Frühstück schon ein Haiku schreibe. In der Klasse lesen wir unsere Sonettübersetzungen und es gibt spannende Lösungen bei jedem zu entdecken. Ich kann einen nicht durchgezogenen lakonischen Ton und eine sehr moderne Version, die wirklich keine Übersetzung mehr ist, bieten. Vor dem Mittagessen geben wir noch einem Brinkmann-Gedicht Zeilenumbrüche nach Wahl – vieles wohl begründet, aber bei niemand wie im Original. Das Mittagsgespräch findet mit Quint Buchholz statt, der von Konzentration aufs Bild und Rückzug von den Menschen erzählt.

Die selbe Konzentration und Hingabe treffe ich an, als ich am Nachmittag die Zeichenklasse besuche. Es wird auch geredet und gelacht, aber immer wieder wirken die Zeichnenden total versunken. Die gerade auf beiden Seiten hintereinanderstehenden Arbeitstische unter dem luftigen Giebel mit Fenstern nach oben lassen fast so etwas wie kontemplative mönchische Schreibstuben-Atmosphäre aufkommen. Dass der Raum außerdem klimatisiert ist, macht es zusätzlich angenehm. Ich nehme eine sehr konkrete Anregung eines, ich nenne es mal Knittergedichts mit und versuche die sorgfältige Auswahl des richtigen Farbstifts mit Buchstaben- und Wortfeldbetrachtungen zu übersetzen. Die extreme Langsamkeit dieses Zeichnens kann ich an diesem Nachmittag nicht übernehmen, doch bin ich so angeregt, dass ich abends noch lange an meinen Texten arbeite, die außerdem graphisch werden. Gerne möchte ich mit den hier gesammelten Impulsen weiter experimentieren.

In der Klasse schließen wir noch ein Eraser-Gedicht an. Hierbei bearbeite ich einen Zeitungsartikel mit Tippex, so dass nur noch wenige Worte übrigbleiben und ein Gedicht ergeben. Auch hier kann man total in seinem Tun versinken; wenn man nicht aufpasst, landet Tippex auf den falschen Stellen und ein Wort, das man haben wollte, ist weg. Auch auf diesem Weg entstehen sehr grafische Gedichte. Nach dem Abendessen endet das Programm heute mit der Lesung von Tobias Elsässer. Der ausgebildete Musiker überrascht mit Gitarrenbegleitung zur Lesung und Gesang, die Themen – erwachende männliche Sexualität bzw. Suizidalität bei Jugendlichen – der beiden Bücher, aus denen er liest, sind mutig und lassen uns ganz in die nicht unbedingt immer schöne Welt der Jugendlichen eintauchen.

Kuso17 – Abtauchen

Halbzeit
ein Märchen
eine Sonettübersetzung
Christian Weihrauch, später Jazz
Überdreht

Außer diesem Elfchen aufgrund der späten Stunde nur der Hinweis an mich selbst: Die neuesten ausgestellten Zeichnungen von Christian Weihrauch mit Schürze bzw. Brotscheiben sind sehr beeindruckend und auf wunderbare Weise ansprechend – nochmals ansehen.

Kuso17 – Lauschen

Heute durften wir uns das hohe Lied der Liebe singen lassen beim Morgenimpuls vor dem Frühstück. Den Kurstag selbst begannen wir mit dem Eindenken in die Übersetzungstheorie von Novalis, der neben der grammatischen und verändernden auch die mythische Übersetzung kennt. Wir vernehmen sehr vielfältige und in ganz unterschiedliche Welten Einblicke gebende Ich-erinnere-mich-Reihungen. Danach der Switch zum heutigen Thema des Tages: Gegenstände übersetzen. Wir stimmen uns damit ein, dass wir in Mörikes Gedicht „Auf eine Lampe“ alle Substantive alliterativ austauschen, wodurch sehr verrückte Texte entstehen. Sophia Loths Erläuterungen zur Erinnerung beim Mittagsgespräch lassen mich aufhorchen, betont sie doch das gestern gehörte, dass jedes Erinnern ein Verändern ist. In ihren Landschaftsbildern gibt es einen Sound, sie hat sich mit einem Komponisten wechselseitig und synchron übersetzt, indem er die Geräusche, die ihr Malen erzeugt aufgezeichnet, weiterentwickelt, zurückgespielt hat.

Die Schreibzeit nach der Mittagspause nutze ich, um Morgenstern und Rilke neu erklingen zu lassen, indem ich versuche, meine Dinggedichte zu anderen Dingen, aber in derer beiden Form und Ton zu schreiben. Es schließt sich eine Textbesprechungsrunde an mitgebrachten Texten an. Ich lese mein Maigedicht vor, und obwohl ich nicht vorhatte, dieses Gedicht noch einmal zu überarbeiten, an detaillierter Textarbeit gar nicht recht interessiert war, machen mir die Gedanken und Ideen der Gruppe Lust, doch einmal ernsthaft an Texten zu arbeiten und doch zu versuchen, auch mal etwas fertig zu stellen. Material habe ich ja mittlerweile genug. Nach dem Abendessen schließt sich der Kreis sehr schön, denn Tanja Wawra stellt ihre Chorarbeit vor, lässt uns mitspielen, zeigt wie der Chor probt und wie sie vorgeht und singt mit allen gemeinsam „Guten Abend, gute Nacht“. Weiter angeregt und dabei auch entspannt werde ich die sicherlich haben.

Kuso17 – Erinnern

Ein langer Tag, zu lange wieder. Ich habe den Absprung nicht geschafft und mich im Garten noch festgequatscht. Spannende Gespräche, doch von denen kann es hier sehr viele geben. Am Nachmittag der Gedanke, es ist doch erst Montag. Es ist schon so viel passiert, dass es sich anfühlt wie mindestens die Mitte der Woche.

Übersetzungsthema der Lyrikklasse waren heute Erinnerungen. Erinnern, Aufschreiben, Nachdichten, also frühere Erfahrungen in einen heutigen Text übersetzen. Ein Thema, mit dem ich nicht recht gerechnet habe und das ich doch mit meiner Bewerbung schon vorweggenommen habe. Ein Gedicht hören und aus der Erinnerung niederschreiben. Aus einem Prosatext atmosphärisch ansprechende Worte picken, dazu assoziierend einen neuen Prosatext schreiben, diesen verdichten. Einem Muster folgend 34 Erinnerungsfetzen formulieren, diese ausdrucken, ausschneiden, auf dem Tisch ordnen, hin und her schieben, weglegen, sortieren, 20 auswählen und choreographieren. Dazwischen ein Mittagsgespräch mit den beiden Druckgrafikerinnen Liz Ingram und Daniela Schlüter, die Schicht für Schicht mit verschiedenen Drucktechniken und mehr ihre Werke schaffen. Sehr unterschiedliche Produkte der Arbeit, aber sehr ähnliche Vorgehensweisen, bei beiden mit Text. Vor allem bei Daniela Schlüter schimmert an vielen Stellen ihr Erinnern durch. Sie zeigt uns ein Bild, bei dem sie Texte eines ungarischen Lyrikers übersetzt hat. Inhaltlich kann ich das Vorgehen nachvollziehen und bin ich gerührt von Danielas tiefer Verbundenheit zu dem Lyriker, mit dessen Texten sie gearbeitet hat. Technisch kann ich mir so gar nicht vorstellen, wie diese Arbeit funktioniert. Am Abend dann die Werkstatt mit den Tänzerinnen und Tänzern. Einblicke in die Arbeit des Choreographen, Gedanken zu Korrespondenzen, aber nicht genauen Entsprechungen zwischen Tanz und Musik, ein wunderschönes Duett über eine fragile Beziehung. Neben allen dichte ich mein Tanka zu unserem Gruppengedicht, eine Art Stille-Post-Spiel, bei dem natürlich das Erinnern und Bilder eines Frühers bei mir hineinspielen. In der Summe ein sehr produktiver Tag. Wenn ich Zweifel hatte, ob ich wirklich ins Schreiben kommen kann, hiermit sind sie beseitigt. Keine fertigen, runden Texte, aber Ansätze, die mich interessieren und Lust daran weiter zu arbeiten. Und es ist ja erst Montag.