Zitate zum Schreiben: eins

„Sprechen- und Schreibenkönnen heißt freiwerden: zugegeben, daß nicht immer das Beste dabei herauskommt; aber es ist gut, daß es sichtbar wird, daß es Wort und Farbe findet.“ – Friedrich Nietzsche

Dieses Zitat von Nietzsche hat eine Studentin ihrer Reflexion vorangestellt und dann verwundert ausgeführt, dass sie wieder zu schreiben begonnen hat und es gut ist. Vielleicht auch für Sie ein Anlass, zum Stift zu greifen?

Bierglaslyrik – eine Entdeckung zum Schreiben und Lesen

Bei einem Glas Rotwein bin ich zufällig darüber gestolpert: Bierglaslyrik – eine „Zeitschrift, bei der jeder mitschreiben kann.“ Angeblich entstanden wegen des Rauchverbots soll die Zeitschrift Stammtischgespräche nachbilden: ein Thema, ein Schluck Bier oder zwei und jedeR kann sagen, was er/sie so denkt. Frei von der Leber sozusagen.

In gedruckter Form habe ich die Bierglaslyrik noch nie gesehen, trotz der Nähe zur Schweiz – die Zeitschrift kommt aus Bern – und obwohl eine der AutorInnen der letzten Ausgabe am liebsten das badische Tannenzäpfle trinkt. Doch zum Lesen lässt es sich auch kostenlos als pdf herunterladen. Und die Städte und Beizen, in denen die Lektüre ausliegt, scheinen mehr zu werden.

Schreiben darf jedeR für die Bierglaslyrik, ob es gedruckt wird, entscheidet die Redaktion ganz subjektiv. Die eingereichten Texte sollen maximal eine Seite lang sein und mit dem aktuellen Thema zu tun haben, alles andere ist frei wählbar. Bis zum 29. Februar gibt es noch die Möglichkeit, für die 12. Ausgabe zu Grossstadt zu schreiben. Vielleicht probiere ich das mal aus.

Übrigens: Ob Texte mit Esszett angenommen werden, dazu steht nichts in den Anforderungen. Aber die Beschäftigung mit der Bierglaslyrik hat meinen Schweizer Wortschatz schon erweitert: Gönnerhumpen, Füdlibürger, Bostitch. Ich bin gespannt auf mehr. Prost!

Schreibtreiben

Ohne Pause, Rast und Ruh, Hamster im Rad oder Känguruh im Sprung und ein Sprung folgt auf den andern; wir hüpfen und rennen und laufen und treiben. Und schreiben. Buchstaben folgen, verfolgen das Ziel, verfolgen sich selbst, wollen zu viel. Mit Wollen fängt die Hetze so richtig an, der Weg ist das Ziel, nun gut, und dann? Eile mit Weile, sagte man mir, und meistens gelingt mir das, abends beim Bier, doch tagsüber hör ich die große Trommel und stolpere vorwärts mit pochendem Herzen, hinein ins Gewimmel, hinein in den Stress, ich gebe das Beste, ich gebe den Rest; ich handle perfekt, laufe wie die Unruh, lasse Anspruch um Anspruch um Anspruch zu.
Ich schreibe Texte mit großen Themen
und lass mir das Hetzen von keinem wegnehmen.

Schreibideen – woher die besten kommen

Altbekannt ist der Rat an Schreibwillige, immer und überall ein Notizbuch parat zu haben und jede Schreibidee, die kommt, sofort aufzuschreiben. Diesen Rat habe ich auch den Studierenden im Kurs Kreatives Schreiben mitgegeben. Zum Kursabschluss haben wir nun die Schreibideen aus dem Notizbuch gekramt und eine davon ausgewählt: zum selber dazu Schreiben und zum Weitergeben.

JedeR hat zwei kurze Texte geschrieben, einen zur eigenen Idee und einen zu einer zufällig erhaltenen von jemand anderem. Es waren sehr verschiedene Ideen dabei, viele mit denen man auf den ersten Blick gar nichts anfangen kann, wenn sie erwartungsvoll oben auf einem ansonsten leeren Blatt Papier stehen. Dann die große Überraschung: Das Schreiben zu den Ideen der anderen war für (fast?) alle viel leichter.

Auch ich stümperte nur wenige Zeilen zu meiner selbst gewählten Überschrift „Ode an das Vergessen“ aufs Papier und war fasziniert, was „die Arme“, die diesen Zettel von mir erwischt hat, in kürzester Zeit für ein tolles Gedicht fabrizierte. Dafür kam ich beim gezogenen Thema „Keine Rast. Ständige Bewegung. Nicht Zurückbleiben.“ so richtig in Fahrt und habe ohne Anhalten das Blatt beschrieben.

Offensichtlich stimmt es doch, dass Vorgaben und Regeln die Kreativität anregen, während zu große Freiheit das Schreiben hemmt. Vielleicht ist es auch der Anspruch, der uns lähmt, zu einem selbst gewählten Thema einen besonders guten Text schreiben zu müssen, einen mit Tiefe und Gehalt. Wie auch immer: Ich will schreiben und kriege doch oft den nötigen Schwung nicht. Wer gibt mir 10 Minuten Zeit und ein Thema?

Leichter im Text – ein Buchtipp

Das Buch ist weder neu (erschienen im August 2001), noch angesagt in der Schreibszene oder im auf solche Art Bücher spezialisierten Autorenhaus-Verlag erschienen. Doch es begleitet mich sehr zuverlässig durch mein Schreiberinnen-Leben, gerade habe ich es wieder hervorgeholt:

Leichter im Text. Ein Schreibtraining von dem Schweizer Ehepaar Christa und Emil Zopfi ist aus der Praxis von Schreibseminaren entwickelt worden. Man kann damit alleine im stillen Kämmerlein seine Schreibkompetenz weiter entwickeln, viele Anregungen lassen sich aber auch in Schreibgruppen oder -seminaren verwenden. Es deckt von „aufbrechen“ und „fließen“ über „spielen“, „formen“, „dichten“, „erzählen“, … bis zu „bearbeiten“ und „ankommen“ ein riesiges Spektrum von Schreiben ab. Man kann es von vorne nach hinten durcharbeiten, irgendwo aufschlagen und zehn Minuten zum Fund schreiben oder es immer wieder hervorziehen und damit spielen. Jedes Kapitel enthält eine Einführung, Hintergundtexte, Übungen und Beispieltexte, alles ist ansprechend illustriert und gestaltet.

Leichter im Text ist kein Training im Sinne von anstrengenden Übungen. Es ist ein Buch, das dazu ermuntert, den Stift in die Hand zu nehmen oder sich an die Tastatur zu setzen. Es macht Lust zu schreiben, zu experimentieren, das eigene Schreiben und die Welt des Geschriebenen zu erforschen. Denn Schreiben lohnt sich. Und es macht Spaß.