Hitzefrei oder warum ich bei Regen nie schreibe

Es ist heiß geworden, schwül, endlich Sommer. Leider erst dann, nachdem ich entschieden habe, neue Schreibgewohnheiten aufzubauen, wieder regelmäßig zu bloggen und zu dichten. Wie soll das gehen? Wer kann bei dieser Hitze mit dösig schwerem Kopf schon Ideen entwickeln und Texte aufs Papier/ in den Computer bringen? Schreiben im Cafe ist ja nett, im Zug ebenso, aber im Strandbad? Kann sich irgendjemand konzentrieren, wenn fremde nasse Kinder über die eigene Decke rennen, Bälle einem um die Ohren fliegen und der Lärmpegel beinahe Flughafenausmaße annimmt? Die Alternative ist: zu Hause bleiben, die – nicht vorhandenen – Rollläden schließen, die Füße in einen Eimer Wasser stellen und loslegen. Aber es ist Sommer, endlich, wer weiß wie lange. Schlimm genug, dass es unzählige unaufschiebbare Aufgaben gibt – da kann das freiwillig-private Schreiben doch auf andere, schlechtere Tage warten.

Ich finde es spannend, wie wir das Schreiben oft vom Wetter abhängig machen. Noch eine Parallele zum Sport. Wenn ich in meinen Kursen die für die TeilnehmerInnen optimalen Schreibbedingungen thematisiere, tauchen Sonne und Regen regelmäßig auf. Die einen können nur schreiben, wenn sie von der Sonne angelächelt und in gute Laune versetzt werden; die anderen im Gegenteil nur dann, wenn nichts sie weg vom Schreibtisch nach draußen locken könnte, je unwirtlicher es da draußen zugeht, umso besser. Meine Stimmung, Energie und Schreiblust sind selbstredend genauso wetterfühlig.

Nur: Das Wetter haben wir nicht im Griff. Egal wie es ist, es bietet immer eine gute Ausrede. Ich will aber schreiben. So bleibt mir nichts anderes übrig, als das Wetter zu nehmen, wie es ist. Ich passe meine idealen Schreibbedingungen Temperatur und Niederschlagsmengen an statt umgekehrt. In den See hüpfen kann ich vorher, nachher oder zwischendurch. Andererseits: Es ist Sommer, endlich. Schreiben kann ich ja immer. Und Du?

Neues SchreibtrainerInnen-Treffen am Bodensee

Letzte Woche fand das zweite Treffen des Arbeitskreis Schreibtraining und Schreibberatung am Bodensee statt. 13 Menschen aus dem sehr weit gedachten Bodenseeraum – bis Freiburg, Karlsruhe und Augsburg – trafen sich im wunderschönen Schloss Hersberg bei Immenstaad und tauschten sich fachlich aus. Leider konnte diesmal keine der KollegInnen aus Österreich und der Schweiz teilnehmen, doch wir freuen uns auf wieder internationale Besetzung beim nächsten Mal. Es bestätigte sich erneut, wie viel Fachkompetenz es zum immer noch etwas stiefmütterlich behandelten Thema Schreibtraining gibt und wie bereichernd der Austausch darüber für alle ist.

Wie schon beim ersten Treffen im letzten November war der Tag zu kurz. Wir starteten am Vormittag mit einem Barcamp, bei dem drei Gruppen zusammenfanden, die sich mit Akquisemöglichkeiten für Schreibangebote, Schreibkompetenzvermittlung an Hochschulen und Möglichkeiten von Textfeedback in Schreibgruppen auseinandersetzten. Am Nachmittag boten vier der TeilnehmerInnen Kurz-Workshops für die anderen an mit den Themen: Inspiration und Schreiballtag, Werbendes Schreiben, Social Media für Freie und Phantastik in Schreibgruppen. Dazu kamen natürlich noch all die informellen Gespräche bei einer Tasse Kaffee oder während des Mittagessens, die spannende Anregungen gaben. So fuhren alle bereichert mit wertvollen Impulsen und inspirierenden Begegnungen ins Wochenende, nicht ohne die Weichen für ein nächstes Treffen im November zu stellen.

Übrigens: Wir sind weiterhin offen, wenn KollegInnen dazustoßen und mitmachen wollen. Eine Mail an mich genügt, dann informiere ich genauer.

Immer wieder schreiben

Es ist passiert, was nicht passieren sollte: über einen Monat Blogpause, dazu noch ohne Ankündigung oder Erklärung. Es war nicht so geplant, war auch nicht absehbar. Es hat sich einfach irgendwie ergeben.

Immer wieder gibt es volle Zeiten im Leben: Berufliche Aufgaben verteilen sich nicht gleichmäßig, sondern häufen sich manchmal, Unterwegssein bringt viele Impulse, die aber Zeit brauchen, um sich zu setzen, bei Müttern wie mir kommen – immer gerade passend – kranke Kinder und/ oder Schulferien dazu. Das ist kein Grund, das Schreiben einzustellen. Eigentlich wäre es ein Grund, viel zu schreiben. Manchmal klappt das auch gut, komischerweise aber nur, wenn ich dran bleibe. Entsteht eine Pause von ein, zwei Tagen, ist es noch nicht schlimm. Mit jedem weiteren Tag wächst die Gefahr, nicht mehr reinzukommen. Ich bin aus dem Rhythmus. Danach kommt das Gefühl, jetzt ist es eh schon egal, jetzt kommt es auf einen oder zwei Tage mehr nicht drauf an. Geht es anderen genauso?

Schreiben, wenn es nicht von außen vorgegeben und mit Abgabetermin versehen ist, braucht Gewohnheit, zumindest bei mir. Obwohl ich es gerne mache, obwohl es mir gut tut. Es ist wie beim Sport (den ich aber nicht gerne mache). Irgendwo habe ich mal gelesen, es braucht 30 Tage, bis etwas zur Gewohnheit wird, zur liebgewonnenen Gewohnheit im besten Fall. Gibt es auch eine Regel, nach wie vielen Tagen die Gewohnheit wieder gelöscht wird?

Wenn ich aufhöre, regelmäßig zu schreiben, gehen mir die Ideen aus, statt dass die nicht-geschriebenen Schreibideen zu einem riesigen Motivationsberg wachsen. Ich weiß nicht mehr, worüber ich schreiben könnte. Schreiben erzeugt Schreiben, heißt es. Das ist wohl dasselbe andersherum gesagt. Da ist es egal, ob ich Ideen für Blogartikel, Gedichte oder Slamtexte suche. Also muss ich mit irgendwas beginnen, am einfachsten damit, dass ich nichts weiß. Und hoffen, dass es danach wieder flutscht.

Wenn ich jetzt diesen einen Artikel poste, habe ich noch keine neue Gewohnheit geschaffen, auch wenn das Wiederaufwecken von Gewohnheiten vielleicht weniger als 30 Tage braucht. Ich versuche, dran zu bleiben. Denn ich weiß ja: Schreiben macht mir Freude und tut mir gut. Dir auch?

Gebärden-Poesie

Poetry Slam in Gebärdensprache – wie immer zufällig und über Weiterklicken darauf gestoßen, weiß ich nicht genau, wie ich mir das vorstellen muss. Doch es verbinden sich zwei Dinge, die mich interessieren und die ich erst einmal nicht zusammen gebracht hätte: Das Schreiben von Menschen mit Behinderungen, hier Gehörlose, und der Poetry Slam. Die Gebärdensprache würde ich gerne beherrschen, seit ich als Kind in den dritten Fernsehprogrammen Nachrichten mit Gebärdendolmetscher entdeckt habe. Bsher ist es nicht dazu gekommen.

Mit Deaf Jam gibt es einen Film über Aneta Brodski, eine israelisch stämmige Teenagerin, die sich mit ASL-Slam mit sprechenden Poeten misst und später mit einer aus Palästina stammenden Hörenden zusammen arbeitet. Also Kunst über Sinnes- und politische Grenzen hinweg. Die Trailer hier machen neugierig. Die Aktion Mensch zeigt den Film im Rahmen eines inklusiven Filmfestivals unter dem Motto „überall dabei„, das bundesweit ab Herbst stattfindet. Das merke ich mir.

Lyrik hat für mich viel mit Klang zu tun, aber auch mit Bildern. Performance – neben dem Text das zweite wichtige Element auf Slambühnen – ist bei der Gebärdensprache automatisch dabei, oder? Je mehr ich darüber nachdenke, desto spannender wird die Kombination.