Öffentlich schreiben

Durch die Weiten des WWW und dann doch wieder vor Ort gelandet: Von Link zu Link bin ich auf dem Blog von Christine Finke gelandet, die unter dem Motto Mama arbeitet „aus dem Leben einer berufstätigen Alleinerziehenden“ berichtet. Obwohl Konstanz ein Dorf ist, glaube ich, wir kennen uns (noch) nicht. Beim Stöbern fallen mir einige Artikel auf, deren Themen mich interessieren, so dass ich sicherlich nun regelmäßig vorbeischauen werde.

Ihr aktueller Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie öffentlich darf ein privater Blog sein. Eine Frage, die auch mich immer wieder beschäftigt, obwohl mein Blog hier, der sich rund um mein und das Schreiben an sich dreht, wenig privat ist im Vergleich zu dem einer bloggenden Mutter. Trotzdem: Wie stelle ich mich dar, wie zeige ich mich in dem, was ich schreibe? Und wem? Während ich im übrigen Leben genau differenziere, welche Person welche Texte von mir zu lesen bekommt, habe ich das hier nicht unter Kontrolle. Besser gesagt: Alle sehen dasselbe von mir. Möglicherweise ziehen sie unterschiedliche Schlüsse daraus. Interessant ist, dass ich gegenüber mir völlig Fremden viel weniger Skrupel habe als gegenüber entfernten Bekannten – Nachbarn, Briefträger, Großcousinen, SportlehrerInnen und Co wissen möglicherweise mehr von mir, als ich ahne.

Christine Finke schreibt, sie sei „Überzeugungstäterin: ich schreibe, um mich auszudrücken.“ Damit hat es etwas zu tun, wenn ich es trotzdem tue. Ausdrücken erinnert an pickelige Pubertät: Es muss etwas raus, auch wenn es vielleicht nicht klug ist. Wer wurde nicht vor bleibenden Narben gewarnt und hat weiter gedrückt? Geheimes Tagebuch zu schreiben ist noch einmal etwas anderes, es geht auch um Öffentlichkeit, vielleicht um Öffnung, darum sich mitzuteilen und gelesen zu werden. Wahrscheinlich kommt eine Portion Sendungsbewusstsein dazu, der Glaube, das was einen selbst beschäftigt, könnte auch für andere interessant sein. Zumindest erklärt dies das zufriedene Gefühl bei Zuschriften a la „Deinen Blog zu lesen ist sehr anregend“.

Als ganze Person zu schreiben, sich zu zeigen und damit vielleicht auch verletzlich zu machen, ist wohl authentisch. Das tut gut und ist darüberhinaus gefragt. Mehr Mut, das was ich denke auch aufzuschreiben und unter meinem Namen öffentlich zu machen, habe ich bekommen, als ich letzte Woche bei der Lesung von Wladimir Kaminer im Konstanzer Stadttheater war. Also blogge ich weiter, als Schreibende, als Frau, als Mutter – Sie werden sehen.

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2 Replies to “Öffentlich schreiben

  1. Hallo Heike,

    sehr erfreut, dich in den Weiten des Internets kennenzulernen und auch noch in demselben Ort zu wohnen! Ein Pingback führt mich hierher, und von nun an bist du auch in meinen Bookmarks.

    Du hast Recht, etwas Pubertäres hat mein Ansatz, ein bisschen bockig – eine gute Portion „trotzdem“ ist dabei. Narben können dabei entstehen, ja, und es ist ein Wagnis. Aaaber: Ich mach’s gern, und es fühlt sich ungeheuer gut an. 🙂

    Lieben Gruss, Christine

    1. Hallo Christine,
      die Freude ist ganz auf meiner Seite. Und das Staunen, dass das Pingback funktionierte – bei mir klappt es nämlich nie.
      Das Pubertätsbild kam mir, als ich das Wort ausdrücken schrieb, nicht beim Lesen Deiner Zeilen.
      Machs weiter gern, dann freue ich mich, was ich bei Dir lesen kann.
      Gruß, Heike

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